#DigitalMindsKA – die Menschen hinter karlsruhe.digital: David Hermans
Die Initiative karlsruhe.digital vereint Karlsruher Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung mit dem Ziel, Karlsruhe als Motor der Digitalisierung voranzutreiben – für Wettbewerbsfähigkeit, Lebensqualität und Souveränität. Sie bündelt Expertenwissen, fördert Vernetzung und bearbeitet Themen ganzheitlich, um die digitale Zukunft der Stadt aktiv zu gestalten.
Und dahinter stehen Menschen. Menschen, die sich engagieren, für etwas brennen und genau deshalb ihre Zeit, ihre Ideen und ihr Fachwissen einsetzen. Wer diese Menschen, die digitalen Köpfe, sind, möchten wir sichtbar machen. Einmal im Monat fragen wir die Digital Minds danach, was sie antreibt und welche Visionen sie haben.
Im fünften Teil unserer Reihe besuchen wir David Hermanns, Geschäftsführer des Karlsruher CyberForums.
Es ist einer dieser frühsommerlichen Tage, als wir uns auf den Weg zur Karlsruher Oststadt machen. Die Sonne scheint, aber noch ist es nicht zu heiß. Ein erfrischender Wind sorgt für die nötige Abkühlung, als wir die Haid-und-Neu-Straße entlanggehen. Es geht vorbei am FZI Forschungszentrum Informatik und der Technologiefabrik, wo wir auch schon die sogenannte Hoepfner Burg erblicken. Das imposante Backsteingebäude beherbergt nämlich das CyberForum. Als größtes regionales Hightech.Unternehmer.Netzwerk. Europas verbindet es über 1.300 Mitglieder aus der IT-Branche miteinander.
Vor dem Eingang bemerken wir eine Gruppe junger Menschen, die sich angeregt unterhalten. Ihre Energie und Begeisterung sind ansteckend und zeugen von der innovativen Atmosphäre, die dieser Ort ausstrahlt. Dr. Friedrich Georg Hoepfner, der nicht nur die Privatbrauerei leitete sondern vor 26 Jahren das CyberForum als Plattform für Start-ups, Unternehmer und Forschungseinrichtungen gründete, erhielt im vergangenen Jahr das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, welches ihn als Vordenker und Impulsgeber der Innovationspolitik im Land würdigt.
Pioniergeist in alten Gemäuern
In der Hoepfner Burg ist heute nicht nur das CyberForum Zuhause, sondern auch das CyberLab des CyberForums. Als IT-Gründungsolympiastützpunkt, dem IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg, ist es eine der ersten Anlaufstellen für Start-ups und Gründer*innen im Land. Seit diesem Jahr hat das CyberForum gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe ein weiteres Gründungszentrum fertiggestellt, dem sogenannten CyberLab SmartProduktionPark. Dieser richtet sich an Start-ups mit dem Schwerpunkt smarte Produktion. Damit bietet das CyberForum Gründer*innen insgesamt über 5400 qm an – mitten in der Oststadt, in der Nähe zum KIT, dem FZI, Fraunhofer IOSB und der Technologiefabrik. Als wir die Burg schließlich betreten, ist die besondere Atmosphäre sofort zu spüren. Inmitten des historischen Gemäuers der über 120 Jahre alten Burg, finden wir moderne und helle Büros vor. Um zum CyberForum zu gelangen, geht es in den dritten Stock – und da wir noch etwas Zeit haben, entscheiden wir uns gegen den Aufzug und laufen lieber durch das eindrucksvolle, lichtdurchflutete Treppenhaus.
David Hermanns können wir bereits durch die Glasfront seines Büros erblicken, als wir uns beim Empfang anmelden. Sofort winkt er uns zu sich. Kaffee und Wasser stehen schon auf dem Tisch, sodass wir nach einem kurzen Plausch direkt in unser Interview einsteigen können. „Erstmal locker anfangen“, denken wir uns und fragen danach, was ihm beim Wort „Karlsruhe“ zuerst in den Sinn kommt. Seine Antwort offenbart einen Mann, der sowohl privat als auch beruflich tief mit der Stadt verbunden ist.
Glückskleeblatt und Digitalstandort
„Als leidenschaftlicher Fußballfan denke ich natürlich zuerst an den KSC. Zugleich sehe ich Karlsruhe aber auch als das Zentrum eines Glückskleeblatts aus unterschiedlichen Kulturregionen,“ erklärt uns Hermanns und wir bemerken, ein Funkeln in seinen Augen. „Wir haben hier den Kraichgau, das Tor zum Schwarzwald, die Südpfalz und das Nordelsass – alles im Umkreis von 20 Kilometern. Diese Vielfalt ist unschlagbar in Deutschland und sorgt für eine unglaublich hohe Lebensqualität“ schwärmt er weiter. Doch es gibt auch eine politische Dimension in Hermanns Beziehung zu Karlsruhe: „Für mich ist die Stadt auch die Wiege der Demokratie“, fügt er hinzu. „Wir haben hier die erste Verfassung und eine Kultur, die immer sehr liberal war und versuchte, die Gesellschaft neu zu denken.“
Beim Stichwort Verfassung müssen wir sofort an einen Punkt in Hermanns Lebenslauf denken, über den wir bei der Vorbereitung zu unserem Treffen gestolpert sind. Bevor er 2007 Geschäftsführer des CyberForums wurde, hat er Jura studiert und fünf Jahre als Anwalt gearbeitet. Als wir ihn nach seinem Wechsel von der Juristerei zur IT fragen, lehnt er sich zurück und lächelt: “Tatsächlich bin ich in einer Kanzlei gelandet, die viele IT-Unternehmen betreut hat, darunter auch eines der größten in Karlsruhe. Mein damaliger Chef hat sogar die erste Satzung für die DENIC (Deutsches Network Information Center) geschrieben und wir haben schon damals Start-ups betreut.“
Von der Juristerei in die Start-up-Welt
„Um das CyberForum auf das nächste Level zu bringen, brauchte es eine Geschäftsführung,“ erinnert sich Hermanns. Mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Elmar Buschlinger, einer Vision für das CyberForum und den Erfahrungen aus seinem bisherigen Job, entschied er sich die Arbeit als Anwalt an den Nagel zu hängen und sich ganz dem CyberForum zu widmen. „Wir haben einen ehrgeizigen Plan entwickelt, um Karlsruhe und die Region im Bereich Digitalisierung als Spitzencluster auf ein völlig neues Level zu bringen“ berichtet er weiter. „Und bis heute wurden uns die Decken dabei nie zu niedrig, wir haben sie einfach stetig ausgebaut und aufgestockt.“ Kein Wunder also, dass Hermanns sich mit dem CyberForum als Mitinitiator in der Initiative karlsruhe.digital engagiert.
Sein Blick auf einen Flyer zum Thema Fachkräftegewinnung. „Man muss sich nur mal die Statistiken anschauen. Deutschland hat die europaweit höchste Abhängigkeit von MINT-Berufen. Zugleich haben wir genau in diesem Bereich eine große Lücke, einerseits wegen des demographischen Wandels, andererseits wegen der mangelnden Bereitschaft, sich mit diesem Themenfeld zu befassen“ platzt es aus ihm heraus.
Fachkräftegewinnung beginnt bei der MINT-Förderung
Schon sehr früh sei daher klar gewesen, dass man alles dafür tun muss, um gerade junge Menschen für MINT-Berufe zu begeistern. So hat das CyberForum die Initiativen wie der technika – Karlsruher Technik Initiative mit gestartet. Hier werden von der Grundschule bis zuallen weiterführenden Schulen, über 2000 Kinder und Jugendliche wöchentlich spielerisch mit MINT-Themen in AGs begleitet. Zudem hat das CyberForum seit seiner Gründung eine Ausbildungsinitiative, einen Fachkräftepool, eine Akademie für Fortbildungen und ein Förderprogramm entwickelt, das sich gezielt an Menschen ohne Berufsabschluss richtet. „Wir haben zusammen mit der IHK Anerkennungsprofile erarbeitet und bringen damit beispielsweise Studienabbrecher*innen in den ersten Arbeitsmarkt,“ erklärt uns Hermanns.
Ein Blick auf die Uhr verrät uns, dass sich das Gespräch dem Ende nähert. Hermanns bietet uns dennoch eine kurze Führung durch die Räumlichkeiten des CyberForums an, die wir natürlich sehr gerne annehmen, denn im Gehen lässt es sich schließlich auch wunderbar plaudern. „Dass die Vernetzung und Zusammenarbeit gerade in Karlsruhe so gut funktionieren, liegt natürlich auch an der Größe der Stadt. Wir haben hier kurze Wege und aufgrund der langjährigen, guten Beziehungen, vertraut man sich. Dadurch lassen sich neue Projekte und Aktivitäten quasi auf Zuruf starten. Von der Wirtschaft über die Wissenschaft bis hin zur Verwaltung und Kultur arbeiten alle Hand in Hand. Das macht Karlsruhe zu einer Stadt, die dazu in der Lage ist, eine effektive und produktive Zusammenarbeit zu fördern – unser sogenanntes „Karlsruher Prinzip der kurzen Wege“ – was ihr letztendlich den Ruf einer deutschlandweiten IT-Hochburg eingebracht hat“ erklärt er uns während wir durch die modernen Open Space-Büros laufen und den Blick über die Karlsruher Skyline schweifen lassen.
Deswegen sei die Initiative karlsruhe.digital auch so wichtig, da die unterschiedlichen Akteure hier organisiert, strategisch gemeinsam mit der Wissenschaft, Wirstchaft und der Stadt an der Zukunft des Digitalstandortes Karlsruhe arbeiten könnten. „Denn wenn wir unsere Kräfte bündeln, bestehen wir im nationalen und internationalen Wettbewerb der Standorte sehr gut. Für mich ist Karlsruhe eine Zukunftsstadt, mit allen Zutaten ausgestattet, um unsere Zukunft für die Menschen positiv zu gestalten. Das treibt uns als CyberForum seit 26 Jahren an, uns mit unserer unternehmerischen und digitalen Expertise einzubringen und mitgestalten zu können“ schwärmt Hermanns weiter.
Familienfrühstück gibt Energie
Wir stellen fest, dass wir heute sehr viel über das CyberForum gehört und einiges über den Digitalstandort gelernt haben. Zum Abschluss interessiert uns nun aber doch noch die Privatperson Hermanns. „Mein Tag beginnt mit dem frühen Aufstehen und dem gemeinsamen Frühstück mit meiner Familie. Das ist mir wichtig, denn es gibt mir die Energie und das positive Mindset, das ich für den Rest des Tages brauche“ antwortet er uns in seiner gewohnt offenen Art.
Sein Arbeitstag sei nämlich durchgetaktet und oft gefüllt mit Abendveranstaltungen. „In der Regel verbringe ich zwei Tage pro Woche im Büro, an den anderen bin ich unterwegs. Teilweise arbeite ich auch mobil von zu Hause. Dennoch kommen immer wieder wichtige Termine und Meetings dazwischen, auf die ich flexibel reagieren muss.“ Er schmunzelt: „Wenn man so will, ist mein Kalender genauso agil wie die IT-Branche.“
Trotzdem schafft Hermanns es sich noch über seine beruflichen Aktivitäten hinaus zu engagieren – im Präsidium des Bundesverbands IT-Mittelstand e.V. (BITMi), Aufsichtsrat Fairantwortung, in der KI-Allianz Baden-Württemberg Genossenschaft als Vorstand, als Kuratoriumsmitglied der Hoepfner Stiftung und viele Jahre lang im Karlsruher Gemeinderat. „Ich glaube, dass man sich einbringen muss, um Veränderungen zu bewirken. Jeder kann und sollte zur Gestaltung der Gesellschaft und Demokratie beitragen.“ Und wenn er dann doch mal abschalten will, trifft er sich mit Freuden, schaut Fußball oder geht mit seinen Söhnen einfach direkt ins Stadion.
Mutig und offen in die Zukunft
Bevor wir uns verabschieden, haben wir noch eine letzte Frage im Gepäck – und richten unseren Blick in die Zukunft: „Wie sieht Karlsruhe in 30 Jahren aus?“ Hermanns Antwort kommt ohne Zögern: „Karlsruhe wird die Zukunftsstadt Deutschlands sein.“ Seine Worte zeugen von Optimismus und einem unerschütterlichen Glauben an die Fähigkeit der Stadt, sich weiterhin als Vorreiter der Innovation zu behaupten. „Hier wird die Wiege des autonomen Fahrens liegen. Vielleicht fliegen wir auch mit Volocoptern nach Stuttgart. Wir werden die beste Bürgerbeteiligungsplattform und sogenannte smarte City Lösungen haben und den Individualverkehr aus der Innenstadt verbannen. Wir werden uns mit mietbaren, dem jeweiligen Individuum angepasste, autonom fahrenden, Vehieceln fortbewegen – oder einfach zu Fuß oder mit dem Fahrrad unsere in der Zukunft wunderschönen Innenstadt genießen. Der Lebensqualitätsindex wird bei uns, verglichen mit anderen deutschen Städten, am höchsten sein.“
Er beschreibt eine offene Stadt, die sich den Herausforderungen der Zukunft mutig stellt und deren Bürger*innen über die digitalen Kompetenzen verfügen, die sie benötigen, um in der sich ständig verändernden Welt erfolgreich zu sein. „Menschen mit digitalen Kompetenzen werden das Gold der Zukunft sein“ betont Hermanns. „Und Karlsruhe wird sie ausbilden, um für die Zukunft gerüstet zu sein.“ Mit diesen Gedanken verlassen wir das Büro, während die untergehende Sonne den Himmel über Karlsruhe in ein warmes Orange taucht. Es ist die perfekte Metapher für den Tag, der endet und die Zukunft, die gerade erst am Horizont erscheint.