#DigitalMindsKA – die Menschen hinter karlsruhe.digital: Ralf Schneider

Die Initiative karlsruhe.digital vereint Karlsruher Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung mit dem Ziel, Karlsruhe als Motor der Digitalisierung voranzutreiben – für Wettbewerbsfähigkeit, Lebensqualität und Souveränität. Sie bündelt Expertenwissen, fördert Vernetzung und bearbeitet Themen ganzheitlich, um die digitale Zukunft der Stadt aktiv zu gestalten.

Und dahinter stehen Menschen. Menschen, die sich engagieren, für etwas brennen und genau deshalb ihre Zeit, ihre Ideen und ihr Fachwissen einsetzen. Wer diese Menschen, die digitalen Köpfe, sind, möchten wir sichtbar machen. Einmal im Monat fragen wir die Digital Minds danach, was sie antreibt und welche Visionen sie haben.

Im fünften Teil unserer Reihe besuchen wir unser Steuerkreis-Mitglied Ralf Schneider, Geschäftsführer der CONET ISB GmbH und Vorstand des CyberForums.

Wir sind spät dran, als wir an einem sonnigen Mittwochmorgen das Gelände der ehemaligen Badischen Maschinenfabrik in Durlach betreten. Einst wurden hier Gießformen mit Pressformmaschinen hergestellt, wodurch sich auch der Name der Straße „Zur Gießerei“ erklärt. Inzwischen wurde dem Gelände neues Leben eingehaucht, unter anderem mit dem Gründerzentrum P90 sowie dem Hauptsitz der Karlsruher CONET ISB GmbH.

Und genau dort haben wir heute einen Termin, um Ralf Schneider zu treffen. Er ist der Geschäftsführer der CONET ISB GmbH, die individuelle Software-Lösungen für die Öffentliche Verwaltung und Industrie entwickelt. Schneider holt uns am Eingang persönlich ab. Wir begeben uns in den vierten Stock, wo er sein Büro hat.

Während wir alles für das gleich folgende Gespräch vorbereiten, schenkt er uns eine Tasse Kaffee ein – und für uns ist es jetzt an der Zeit, etwas mehr über den Mann zu erfahren, dessen Geschichte bei der CONET ISB GmbH bereits in den frühen 1990ern begann. „Ich komme aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Seit meinem 15. Lebensjahr habe ich in den Ferien immer gearbeitet, stand am Fließband und habe Geld dazu verdient,“ erzählt Schneider. „1984 kam ich dann nach Karlsruhe, um hier Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Gleichzeitig lag mein Schwerpunkt aber auch immer auf der IT. Am Ende meines Studiums habe ich dann angefangen Bewerbungen zu schreiben und dabei ist mir eine Anzeige der ISB in der Zeitung ins Auge gefallen. Da das Unternehmen gleich bei mir um die Ecke war, fand ich das eine tolle Gelegenheit, um Bewerbungsgespräche zu üben, bevor ich mich bei großen Playern wie SAP vorstelle. Tatsächlich hatte ich nie vor, dort wirklich anzufangen.“

Am Ende kam aber alles anders. Im Bewerbungsgespräch stellte Schneider fest, dass der Job bei der ISB genau das ist, was er machen wollte. „Ich konnte dort das, was ich im Studium gelernt habe, nämlich die Entwicklung datenbankgestützter Softwareanwendungen, mit dem verbinden, was mich in meiner Freizeit bewegt hat: dem Umweltschutz. Damals suchte die ISB nämlich jemanden zum Aufbau eines Umweltinformationssystems in Rheinland-Pfalz. Das war genau mein Ding – und ich wusste, hier bin ich richtig.“

1991 trat Schneider dann als fünfter Mitarbeiter des Unternehmens seine Stelle als Software-Entwickler und Consultant an. In den Folgejahren verantwortete er unterschiedlichste Projekte sowie den Vertrieb, bis er 2005 Vorstandsmitglied wurde und wenige Jahre später das Unternehmen gemeinsam mit seinem damaligen Vorstandskollegen kaufte. Seit Anfang 2022 gehört die ISB zur CONET Gruppe.

Ralf Schneider zeigt im Interview den phänomenalen Blick auf den nahegelegenen Turmberg. Foto: Netzoptimisten
Ralf Schneider genießt den phänomenalen Blick auf den nahegelegenen Turmberg. Foto: Netzoptimisten

Ob des schönen Wetters, entscheiden wir uns dazu, unser Gespräch auf der Dachterrasse fortzusetzen, die direkt an Schneiders Büro angrenzt. Von hier aus hat man einen phänomenalen Blick auf den nahegelegenen Turmberg. In einer Ecke steht ein Grill, denn im Sommer wird die Dachterrasse gerne auch für Events mit den rund 250 Mitarbeitenden des Unternehmens genutzt. Schneider lässt seinen Blick schweifen und erzählt uns, dass er im Sauerland aufgewachsen ist, wo sich das Leben größtenteils drinnen abspielt. „In Karlsruhe hingegen spielt sich das Leben draußen ab. Das war damals das Erste, was mir aufgefallen ist, als ich herkam. Hier ist fast immer super Wetter mit viel Sonnenschein und jede Kneipe hat schon im Frühjahr Tische draußen. Das kannte ich bis dahin so nicht und will das auch nicht mehr missen.“

Ein Thema, das Schneider sehr am Herzen liegt, ist das Networking: „Viele Fehler, die ich eigentlich gemacht hätte, habe ich nicht gemacht, weil ich mich stets mit anderen Unternehmen und Institutionen ausgetauscht habe.“ Aus diesem Grund engagiert er sich nicht nur im Kuratorium des FZI Forschungszentrum Informatik, sondern auch im Vorstand des Karlsruher CyberForums. „Wir müssen noch mehr IT-Fachkräfte nach Karlsruhe ziehen und diese hier auch halten. Das CyberForum mit seinen über 1.200 Mitgliedern leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Egal, ob Jobbörsen, Programme für Studienabbrecher, Weiterbildungsmöglichkeiten, Coachings oder Mentorings – mit unserem Hightech.Unternehmer.Netzwerk. unterstützen wir Unternehmen in allen Entwicklungsphasen und vernetzen die IT-Region Karlsruhe. Denn mir ist es vor allem wichtig, dass hier ein weltweit renommiertes Ökosystem mit vielen IT-Fachkräften, -Forschungseinrichtungen, -Start-ups und etablierten -Unternehmen entsteht.“

In diesem Zusammenhang hebt Schneider auch die Bedeutung des Karlsruher Prinzips der kurzen Wege für den Standort hervor, welche sich in der Initiative karlsruhe.digital abbildet. „Ich glaube die Digitalisierung kann regional nur funktionieren, wenn alle Stakeholder am selben Strang ziehen. Zwar behaupten viele Städte das zu tun, aber ich kenne außer Karlsruhe keine Stadt, in der das wirklich funktioniert. Hier arbeiten Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung Hand in Hand. Man tauscht sich aus und hilft sich gegenseitig. Das macht sich vor allem bei Ausschreibungen bemerkbar, für die man innerhalb kürzester Zeit alle notwendigen Stakeholder ins Boot holen kann, weil sich alle vertrauen.“

Auf der Dachterrasse wird es langsam etwas zu heiß, weshalb Schneider uns einlädt, eine kleine Tour durch die Räumlichkeiten der ISB zu machen. Dafür, dass hier insgesamt 250 Mitarbeitende tätig sind, wirken die Büroräume allerdings recht verlassen. Als Schneider unseren fragenden Blick bemerkt, erklärt er uns, dass die ISB inzwischen auf ein hybrides Arbeitsmodell setzt und die Mitarbeitenden nur noch zwei Tage pro Woche im Büro sind. An welchen Tagen, entscheiden sie selbst. „Und dennoch ist es auch im Zeitalter der Digitalisierung noch wichtig, dass man sich ab und an persönlich im Büro trifft.“

Ein gutes Stichwort. Wie bewertet eigentlich jemand, der schon seit fast vier Jahrzehnten in der IT unterwegs ist, den Weg, den wir bei der Digitalisierung eingeschlagen haben? „Klar ist, dass inzwischen kein Unternehmen mehr an der Digitalisierung vorbeikommt. Die Möglichkeit, Kosten zu sparen, Prozesse zu optimieren und neue Geschäfts- und Kundenbereiche zu erschließen. All das ist nur durch die Digitalisierung erreichbar,“ erläutert Schneider. „Und auch die Öffentliche Verwaltung muss sich verstärkt mit dem digitalen Wandel befassen.“ Schneider ist stolz auf den bisherigen Weg von Karlsruhe, eine Stadt, die bereits mehrere Preise für ihre Innovationskraft gewonnen hat. Aber er weiß auch: „Der Erfolg wird maßgeblich davon abhängen, ob wir es schaffen, alle Menschen auf diesem Weg mitzunehmen. Es gibt immer Menschen, die dieser Entwicklung kritisch gegenüberstehen“, sagt er. „Sie haben Angst, von der Welle überrollt zu werden und ihre Arbeitsplätze zu verlieren. Wir müssen ihnen verständlich machen, was vor sich geht und wie sie den Wandel selbst gestalten können.“

Ralf Schneider im Gespräch mit seiner Kollegin Silvia Daum, die die Kinderkrippe leitet. Foto: Netzoptimisten
Ralf Schneider im Gespräch mit seiner Kollegin Silvia Daum, die die Kinderkrippe leitet. Foto: Netzoptimisten

Aus diesem Grund sind für Schneider Initiativen wie karlsruhe.digital, bei der er selbst Steuerkreismitglied ist, so wichtig: „Sie helfen einerseits dabei, lokale Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung an einen Tisch zu bringen und damit die Region insgesamt als Digitalstandort zu stärken. Andererseits machen sie den digitalen Wandel mit Veranstaltungen wie der Bunten Nacht der Digitalisierung für die Stadtbevölkerung aber auch sicht- und erlebbar.“ Dieser Blick hinter den Kulissen und die daraus resultierende Transparenz seien wichtig, um den Ängsten und Sorgen der Menschen auf Augenhöhe zu begegnen.

Langsam aber sicher nähern wir uns dem Ende unseres Termins, aber Schneider möchte uns noch etwas zeigen. Während wir durch das Gebäude laufen, bleibt noch Zeit für etwas Small Talk. Er erzählt uns, dass er Frühaufsteher ist und fast jeden Tag um halb 8 morgens im Büro ist. Teilweise bis 19 Uhr. Dazwischen liegen jede Menge Meetings und Kundentermine außer Haus. Und danach? „Häufig noch Networking-Events am Abend. Und dennoch gelingt es mir privat abzuschalten. Ich wandere unheimlich gerne und laufe Marathon. Oder aber ich lehne mich zurück und höre Musik.“

Wir haben offenbar unser Ziel erreicht. Schneider öffnet eine Tür und plötzlich stehen wir in einem Kindergarten. Er sieht uns unsere Verwunderung an und schmunzelt: „Wissen Sie, tatsächlich waren wir das erste Unternehmen in Baden-Württemberg mit eigenen Betriebskindergarten. Und den gibt es auch heute noch. Ich freue mich, dass wir unseren Mitarbeitenden dieses Angebot machen und Familien auf diese Weise unterstützen können.“ Wir schauen noch einen Moment zu, wie die Kinder fröhlich toben und sich fragen, was wir, ausgestattet mit Laptop und Kamera, hier eigentlich machen. Dann ist es für uns Zeit zu gehen. Schneider bringt uns noch zum Ausgang und wir schlendern hinaus auf den Parkplatz, wo – wie so häufig in Karlsruhe – noch immer die Sonne scheint.