Professor Dr. Alexander Mädche

Prof. Dr. Alexander Mädche, unser #DigitalMindKA des Monats März. Foto: netzoptimisten

#DigitalMindsKA – die Menschen hinter karlsruhe.digital

Die Initiative karlsruhe.digital vereint Karlsruher Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung mit dem Ziel, Karlsruhe als Motor der Digitalisierung voranzutreiben – für Wettbewerbsfähigkeit, Lebensqualität und Souveränität. Sie bündelt Expertenwissen, fördert Vernetzung und bearbeitet Themen ganzheitlich, um die digitale Zukunft der Stadt aktiv zu gestalten.

Und dahinter stehen Menschen. Menschen, die sich engagieren, für etwas brennen und genau deshalb ihre Zeit, ihre Ideen und ihr Fachwissen einsetzen. Wer diese Menschen, die digitalen Köpfe, sind, möchten wir sichtbar machen. Einmal im Monat fragen wir die Digital Minds danach, was sie antreibt und welche Visionen sie haben.
Im achten Teil unserer Reihe besuchen wir Alexander Mädche, Leiter des Human-Centered Systems Lab (h-lab) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

An einem sonnigen Frühlingsmorgen, als die Karlsruher Innenstadt gerade zum Leben erwacht, sind wir auf dem Weg zu unserem Termin mit Alexander Mädche. Die Stadt zeigt sich von ihrer besten Seite. Mit einigen Minuten Verspätung, die dem Streik geschuldet sind, erreichen wir das Gebäude, in dem sich Mädches Büro im fünften Stock befindet, direkt neben dem TRIANGEL – einem Raum für Inspiration, Kreativität und den Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Am Eingang werden wir bereits erwartet und von einer Mitarbeiterin abgeholt. Anders geht es nicht, denn ohne die notwendige Zutrittskarte kommt man weder ins Gebäude, noch lässt sich der Fahrstuhl nutzen. Zwei Minuten später erreichen wir das lichtdurchflutete Büro unseres Gesprächspartners, dessen großzügige Fensterflächen den Blick auf die Stadt freigeben. Ganz in seine Arbeit vertieft, blickt er auf, als wir eintreten. Mit einem herzlichen Lächeln werden wir trotz der Verspätung freundlich begrüßt und bekommen sogar noch einen Kaffee angeboten. Wir haben die Wahl zwischen einer Sitzecke und einem Stehkonferenztisch, entscheiden uns aber für letzteren, da unserer Erfahrung nach im Stehen ein lebendigerer Austausch zustande kommt.

Ganz in die Arbeit vertieft treffen wir Prof. Dr. Alexander Mädche in seinem Büro an. Foto: netzoptimisten
Ganz in die Arbeit vertieft treffen wir Prof. Dr. Alexander Mädche in seinem Büro an. Foto: netzoptimisten

Das Human-Centered Systems Lab

Wir starten wie gewohnt mit einer Frage, die wir allen Digital Minds stellen: „An was denken Sie zuerst, wen Sie Karlsruhe hören?“ Manchmal dauert es etwas, bis wir eine Antwort auf diese Frage bekommen, aber Mädche entgegnet uns sofort: „An das KIT!“ Er erklärt, dass er als Student nach Karlsruhe gekommen ist, um Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren – und damals außer der Universität Karlsruhe, dem heutigen Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist, nichts über die Stadt wusste. „Für mich ist das KIT nicht nur mein Arbeitgeber, sondern der Grund, warum ich überhaupt nach Karlsruhe gekommen bin“, fügt er hinzu.

Inzwischen leitet Alexander Mädche das Human-Centered Systems Lab (h-lab) am KIT mit einem klaren Fokus: den Menschen in den Mittelpunkt der technologischen Entwicklung zu stellen. „Mein Studium in Karlsruhe hat mich früh zur Informatik hingezogen, und bereits während meiner Promotion habe ich mich mit Themen rund um die künstliche Intelligenz beschäftigt“, erzählt er.

Wie Technologie und Mensch am besten zusammenarbeiten

Nach einer Zeit am FZI Forschungszentrum Informatik und wertvollen Jahren in der Industrie bei Bosch und SAP, wo er Einblicke in die Nutzung und Entwicklung von Software gewann, wechselte Mädche in die akademische Welt zurück. An der Universität Mannheim übernahm er den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und widmete sich unter anderem der Frage, wie technologische Lösungen gestaltet werden müssen, um die Mensch-Computer-Interaktion zu verbessern.

„Unsere Arbeit hier im h-lab konzentriert sich darauf, wie Technologie und Mensch am besten zusammenarbeiten können. Wir möchten verstehen, wie diese Interaktionen auf einer tieferen Ebene funktionieren und was sie mit uns als Menschen machen“, erklärt Mädche. „Bei vielen Unternehmen kommt dieser Aspekt nach wie vor zu kurz – und das obwohl Dinge wie digitale Barrierefreiheit und ein anwenderfreundliches User Interface auch die Produktivität steigern und die Kundenzufriedenheit erhöhen.“

Herausforderung, aber auch eine unglaubliche Chance

Dabei setzt das h-lab Technologien wie die Messung von Biosignalen, beispielsweise unter Verwendung von Eye Tracking ein, um zu verstehen, welche Effekte beispielsweise die Interaktion mit Software oder KI auf unsere Aufmerksamkeit und unsere Emotionen hat. „Dabei hilft es uns natürlich auch, dass wir heute dank Wearables und anderer digitaler Helfer wesentlich mehr Interaktionspunkte haben.“

Das Ziel des h-lab ist es, Lösungen zu entwickeln, die nicht nur effizient und nützlich sind, sondern vor allem an die Bedürfnisse des Menschen angepasst. „Es ist eine Herausforderung, aber auch eine unglaubliche Chance, Technologie so zu gestalten, dass sie den Menschen dient und nicht umgekehrt. Dabei spielen auch ethische Überlegungen eine große Rolle, denn wir müssen sicherstellen, dass unsere Entwicklungen dem Wohlergehen der Nutzerinnen und Nutzer dienen.“

Menschzentrierung

Dass Mädche für das Thema brennt, zeigt sich auch durch seine Beteiligung am Steuerkreis von karlsruhe.digital und der Gründung von Initiativen wie dem UIG e.V., der sich der menschzentrierten Digitalisierung widmet. Wie karlsruhe.digital fungiert auch der gemeinnützige Verein als Transferplattform, die Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Verwaltung miteinander vernetzt. „Unser Ziel ist es, die Benutzerfreundlichkeit und die emotionale Gestaltung von digitalen Produkten und Dienstleistungen zu verbessern. Es geht uns nicht nur um Awareness für das Thema, sondern auch darum, konkretes Wissen und Handlungsempfehlungen zu bieten, wie Unternehmen die Menschzentrierung in ihrer digitalen Transformation umsetzen können.“ Denn gerade in einer Welt, die zunehmend von digitalen Technologien geprägt ist, müsse sichergestellt sein, dass diese Technologien für alle zugänglich, verständlich und nutzbar sind.

Enge Zusammenarbeit

Wir genehmigen uns einen Schluck Kaffee und lassen unseren Blick durch den Raum schweifen. Die großen Fensterflächen geben ihn frei auf die darunterliegenden Häuserschluchten, wo bereits geschäftiges Treiben herrscht. Die begrünten Dachflächen, auf die Mädche von seinem Schreibtisch aus schaut, bilden indes einen angenehmen, fast schon meditativen Kontrast zu der urbanen Umgebung im Hintergrund.

Mädche folgt unserem Blick über die Dächer der Stadt, die inzwischen schon so viele Jahre seine Heimat ist. „Das Schöne an Karlsruhe ist die Größe der Stadt, die es möglich macht, dass viele der Akteure sich persönlich kennen. Das erleichtert die Zusammenarbeit erheblich und hebt uns von anderen Standorten ab. Und dann wäre da natürlich noch die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Kultur, die vieles erst ermöglicht.“

Bunte Nacht der Digitalisierung

An was er dabei denkt? Beispielsweise die Bunte Nacht der Digitalisierung, die in diesem Jahr bereits das dritte Mal stattfindet – und die aus seiner Sicht essentiell für das Bewusstsein und die Einbindung der Stadtbevölkerung in digitale Themen ist. „Solche Events sind extrem wichtig, da sie einen Blick hinter die Kulissen gewähren und nicht zuletzt auch Teilhabe ermöglichen. Normalerweise beschäftigt sich nur eine Subgruppe intensiv mit der Digitalisierung, aber das reicht nicht. Wenn neue Technologien das Leben aller verbessern sollen, dann müssen wir auch alle auf dem Weg dorthin mitnehmen – und das unabhängig von ihren sozialen Herkunft oder ihrem Bildungsstand.“ Genau darin sieht Mädche auch die Aufgabe von Initiativen wie karlsruhe.digital: Digitale Themen in der Breite der Gesellschaft zu verankern.

Randvoller Terminkalender

Wir werfen einen Blick auf die Uhr und stellen fest, dass unser Termin bald schon zu Ende ist. Aber für ein paar Fotos bleibt noch Zeit. Auf dem Weg zu Mädches Büro war uns ein Raum mit einem PC-Terminal und einer bunten Wand ins Auge gefallen – perfekt für ein paar schöne Aufnahmen. Als wir ihn betreten, erklärt uns Mädche, dass das „PC-Terminal“ eigentlich ein hochmoderner Eye-Tracker ist, mit dem sich analysieren lässt, wohin Menschen schauen, wenn man ihnen beispielsweise auf einer Website unterschiedliche Inhalte präsentiert. Wir zücken unsere Kamera und legen los. Währenddessen sprechen wir mit Mädche noch über seinen Arbeitsalltag und wollen wissen, wie er Karlsruhe in 30 Jahren sieht. Er schmunzelt: „Wollen Sie das wirklich wissen? Im Regelfall beginnt mein Tag um 7 Uhr und ist im Anschluss voll mit Terminen. Als Professor am KIT unterrichte ich dann noch 9 Wochenstunden, forsche parallel und leite das h-lab mit seinen 20 Angestellten. Anders ausgedrückt: Mein Terminkalender ist eigentlich immer randvoll.“

Abschalten im Garten

Blickt er in die Zukunft, so hält sich Mädche bedeckt bezüglich konkreter Prognosen für Karlsruhe, hat aber dennoch einen konkreten Wunsch: „Ich fühle mich nicht kompetent, in die Zukunft zu schauen, aber ich wünsche mir, dass Karlsruhe grüner wird. Schon ein paar mehr Bäume auf dem Marktplatz wären ein Anfang.“ Und so verwundert es auch nicht, das Mädche am liebsten in seinem Garten beim gießen seiner Pflanzen abschaltet, wie er uns zum unseres Gesprächs noch erzählt.

Wir bedanken uns herzlich und verabschieden uns. Diesmal nehmen wir nicht den Aufzug, sondern laufen die fünf Etagen nach durch das offene, runde Treppenhaus nach unten. Draußen auf der Straße von Karlsruhe spürt man die Lebendigkeit der Stadt – und während wir uns von dem Gebäude entfernen, denken wir über die menschzentrierte Digitalisierung nach, die in der öffentlichen Debatte häufig leider viel zu kurz kommt.