#DigiWomenKA: Fibi Nguyen

Fibi Nguyen Gründerin von Aimino. Foto: Katharina Iyen

Weibliche Vorbilder sind wichtig. Sie zeigen Möglichkeiten auf, helfen dabei, eigene Ziele zu definieren, und aus ihren Erfahrungen können wir lernen. In unserer Blogserie #DigiWomenKA trifft Katharina Iyen einmal im Monat ein solches Role Model aus der Karlsruher Digitalbranche, um mehr über sie, ihre Erfahrungen und ihr Engagement zu erfahren. In unserer Sonderausgabe spricht sie mit den Gründerinnen des CyberLab , dem IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg, der vom CyberForum e.V. betrieben wird. Dieses Mal hat sie mit Fibi Nguyen gesprochen, Mit-Gründerin von AIMINO Tech. Sie durchlief mit ihrem Startup das Accelerator-Programm des CyberLab. Vom 23. bis 24. Februar 2024 teilt die erfolgreiche Gründerin ihre Erfahrungen bei der CyberLab-Veranstaltung Empowering Female Founders mit anderen Gründerinnen.

von Katharina Iyen

Ich treffe Fibi Nguyen in der Hoepfner Burg im Cyber Lab. Die Begrüßung mit der Co-Founderin von Aimino ist sehr herzlich. Sie zeigt mir zunächst die Räumlichkeiten ihres Startups, wo gerade fleißig programmiert wird – bevor wir uns in einen großen Meeting Raum begeben, mit schönem Blick auf das Hoepfner-Burghof-Areal.

Mit dieser Aussicht starten wir auch schon in unser Gespräch und ich lerne die Gründerin kennen. Sie berichtet von ihrer Zeit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Nach Abschluss ihrer Schulzeit in Deutschland studierte sie zunächst Wirtschaftsinformatik und anschließend einen Master in Informatik mit Fokus auf Deep Learning und KI, beides am KIT.

Fibi Nguyen mit Katharina Iyen. Foto: Katharina Iyen
Fibi Nguyen mit Katharina Iyen. Foto: Katharina Iyen

„Es war eine anspruchsvolle Zeit, aber jede Herausforderung brachte mich weiter“, erinnert sie sich. „An der Universität spürte ich anfangs Vorurteile wegen meiner Aussprache“, berichtet sie weiter und erklärt, dass sie Schwierigkeiten hatte, in Arbeitsgruppen aufgenommen zu werden. „Aber ich habe gelernt, dass meine Leistung letztendlich das wichtigste Argument ist“, sagt sie mit einem Lächeln.

Aimino: Menschenzentrierte Künstliche Intelligenz

Und mit Aimino zeigt sich, dass die Zeiten, in Nguyen Schwierigkeiten hat, eine Gruppe zu finden, längst vorüber sind. Das Start-up ist auf KI-gestützte Generierung von Leads spezialisiert. „Aimino entstand während der Corona-Pandemie, als die digitale Vernetzung immer wichtiger wurde“, erzählt mir Nguyen. Die Firma nutzt Chat GPT und KI, um den Prozess der Lead-Generierung neu zu definieren. „Unsere Software automatisiert die zeitaufwändige manuelle Recherche und leitet personalisierte Kontaktaufnahmen ein“, erklärt Nguyen. Die Software ermöglicht individuelle Ansprachen auf LinkedIn, die speziell auf die Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppe zugeschnitten sind.

„Wir sehen KI nicht nur als ein Werkzeug, sondern als einen Partner, der dabei hilft, menschlichere und effizientere Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Unsere Vision ist es nicht nur, den Vertriebsprozess zu automatisieren, sondern mit echtem Mehrwert zu bereichern“, fasst Nguyen zusammen. KI ermögliche es, Prozesse sowohl effizienter als auch menschenzentrierter zu gestalten. Ihr Ansatz sei es, Technologie so zu nutzen, dass sie echte menschliche Bedürfnisse erfüllt. „Die Validierung bleibt immer in menschlicher Hand, um sicherzustellen, dass die Kontaktaufnahme für beide Seiten sinnvoll ist. Wir möchten die Anbahnung erleichtern und ein gutes Match hinkriegen, so dass menschlicher Kontakt aufgenommen wird, wenn es für beide Seiten wirklich sinnvoll ist“.

Fotos von Amino Mitarbeiter:innen in der Küche des Caber Lab. Foto: Katharina Iyen
Das Team von Aimino. Foto: Katharina Iyen

„Von den Elefanten im Raum“ kann man durchaus etwas lernen

Diese Zugewandtheit begegnet mir in unserem Gespräch immer wieder. So beispielsweise als wir auf Ihre Führungsaufgabe als Gründerin zu sprechen kommen. Nguyen berichtet, wie essenziell es sei, Probleme nicht zu übersehen, sondern stattdessen „die Elefanten im Raum“ direkt anzusprechen. Diese „Elefanten“ stünden für die vielfältigen Bedürfnisse und Anforderungen innerhalb des Teams. „Wir zelebrieren nicht nur Erfolge, sondern auch Misserfolge, denn beides trägt zu unserem Fortschritt bei“, erläutert Nguyen.

Ob diese Einstellungen von den Erfahrungen ihrer Jugend in Vietnam beeinflusst sind, frage ich nicht nur mich, sondern auch Nguyen direkt. Sie berichtet davon, dass es durchaus prägt, kämpfen zu müssen, um satt zu werden. „Man musste überhaupt um alles kämpfen, es war wirklich nicht einfach, auch nicht, wenn man viel Leistung brachte“, erinnert sich Nguyen.

Ankommen in Deutschland

Als Sechzehnjährige kam Nguyen mit ihrer Familie nach Deutschland, wo ihre Schulbildung nicht anerkannt wurde. Sie musste Deutsch lernen und mit achtzehn Jahren erneut die Schulbank drücken, diesmal in der siebten Klasse einer Realschule, aber auch in dieser Erfahrung kann Nguyen Positives und Lehrreiches abgewinnen: „Es war zweifellos eine harte Zeit, aber mein Fleiß und die entstandenen Freundschaften halfen mir, die Schwierigkeiten zu überwinden“.

Unternehmertum in der Familie

Nach der Realschule besuchte sein ein Wirtschaftsgymnasium. „Mein Fleiß wurde wirklich geschätzt und ich gemocht. Die Rektorin der Realschule, schrieb mir aus ihren Urlauben in Vietnam liebevolle Postkarten schrieb“.

Ihre Wochenenden und freie Zeit widmete sie der Mithilfe im Familienrestaurant bei Kirchheim Teck. „Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie und ich schätze meine Herkunft“, berichtet Nguyen. Ihre Eltern haben die Restaurantkette „Sumino“ mit vier Standorten aufgebaut. Diese Erfahrungen in der Gastronomie, hätten Nguyen ebenfalls geprägt und es eine Schule des Lebens gewesen. „Ich habe den Umgang mit Menschen schon früh gelernt und genossen“, erklärt sie.

Fibi Nguyen im Büro von AIMINO. Foto: Katharina Iyen
Fibi Nguyen im Büro von AIMINO. Foto: Katharina Iyen

Vision für Frauen, Vorurteile und Hürden

Diese Erfahrungen seien auch heute noch nützlich. In Meetings sei sie oft ausschließlich umgeben von Männern, fühle sie sich manchmal überhört – eine Erfahrung, die sie besonders in der Anfangszeit ihrer Karriere machte. „Manchmal werde ich unterschätzt, aber ich lasse meine Arbeit für sich selbst sprechen“, berichtet sie mit einer Mischung aus Bestimmtheit und Gelassenheit. Leidenschaftlich berichtet sie weiter über die Notwendigkeit, Frauen zu ermutigen, sich in der IT-Branche zu engagieren und ihre Karrieren aktiv zu gestalten. „Wir brauchen mehr Sichtbarkeit für Förderprogramme und müssen Frauennetzwerke noch weiter ausbauen. Viele Frauen zweifeln im Stillen an sich und kennen die verfügbaren Ressourcen nicht.“ Sie betont an dieser Stelle die Bedeutung von Vorbildern und Mentoring, um diesen Kreislauf zu durchbrechen: „Wir brauchen mehr Frauen, die sich trauen, voranzugehen und ihre Geschichten zu teilen – das inspiriert und öffnet Türen.“

Weibliche Vorbilder

So eine Inspiration erlebte Nguyen selbst. Ein Vortrag von Iris Schwenk, eine der Gründer*innen von HQS Quantum Simulations, stelle solch ein Game Changer dar: „Iris Schwenk sprach ganz offen von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Hürden bei der Start-up-Führung. Ich sah dadurch viel mehr Möglichkeiten und Lösungen für mich selbst.“ Häufig könne bräuchte es solche Eindrücke, um Möglichkeiten zu sehen und deswegen sei ihr die Sichtbarkeit von Vorbildern so wichtig.

Außerdem sei es besonders wichtig, sich Unterstützung zu suchen und in Anspruch zu nehmen. Persönlichen Coachings und Workshops in den Bereichen Leadership und Persönlichkeitsentwicklung seien für sie von großer Bedeutung: „Coachings haben mir geholfen, meine Führungsfähigkeiten zu schärfen und gleichzeitig meinem „wahren Ich“ treu zu bleiben. Wenn man zwei Kulturen in sich vereint, ist das eine ständige Reise der Selbstfindung“.

Sich selbst treu bleiben und andere inspirieren

Nguyens Blick in die Zukunft zeichnet ein klares Bild: „Ich habe schon viel mehr erreicht, als ich mir jemals erträumt hätte, aber mein Antrieb, Neues zu entwickeln, bleibt stark. “ Es sei ein sehr anspruchsvoller Prozess, die eigene Stimme zu finden und sich mit der eigenen Geschichte selbstbewusst zu positionieren. „Ich möchte, dass meine Geschichte andere inspiriert. Es geht für mich darum, ein sinnvolles Leben zu führen und am Ende stolz – vor allem auf eine menschlich wertvolle Biografie – zurückblicken zu können.“

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Foto: Nasko Flan
Die Autorin der Blog-Serie #DigiWomenKa, Katharina Iyen, studierte Deutsche Literatur und Philosophie in Karlsruhe und Heidelberg sowie Business Management – mit Schwerpunkt Marketing & Medien – in Heilbronn. Sie ist Scheffel-Preisträgerin der Literarischen Gesellschaft am Oberrhein.
Als selbstständige Conceptionerin, Copywriterin und Consultant arbeitet Katharina im Digital Marketing. Katharina ist soziale Aufsteigerin und engagiert sich bei 
Netzwerk Chancen. Ihre Themen sind „Die Macht von Worten und Geschichten“, „neuer Feminismus“ und „Soziale Gerechtigkeit“.
Katharina betreibt für Text & Konzeption die Text-Agentur 
EdiCut in Karlsruhe und ist Teil der Business-Storytelling Agentur Arbeitgeberleben