#DigiWomenKA: Dr. Teresa Baumann

Teresa Baumann vor dem Logo ihres Startups GoSilico, das heute zum Cytivia-Konzern gehört. Foto: Katharina Iyen

Weibliche Vorbilder sind wichtig. Sie zeigen Möglichkeiten auf, helfen dabei, eigene Ziele zu definieren, und aus ihren Erfahrungen können wir lernen. In unserer Blogserie #DigiWomenKA trifft Katharina Iyen einmal im Monat ein solches Role Model aus der Karlsruher Digitalbranche, um mehr über sie, ihre Erfahrungen und ihr Engagement zu erfahren. In unserer Sonderausgabe spricht sie mit den Gründerinnen des CyberLab , dem IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg, der vom CyberForum e.V. betrieben wird. Dieses Mal hat sie Dr. Teresa Baumann gesprochen, Mit-Gründerin von GoSilico. Sie durchlief mit ihrem Startup das Accelerator-Programm des CyberLab. Wir stellen die Gründerin vor.

Von Katharina Iyen

An einem der ersten sonnigen Tage des Jahres betrete ich die Räumlichkeiten von Cytiva, zu dem GoSilico mittlerweile gehört, die sich in der Kriegsstraße in der Weststadt befinden. Mich erwartet eine helle und loftartige Atmosphäre. Das Unternehmen erstreckt sich über zwei Etagen. Die Mit-Gründerin und heutige Gesprächspartnerin Teresa Baumann kommt mir im lichtdurchfluteten Treppenhaus entgegen.

Nach einer herzlichen Begrüßung, nutze ich meine Chance und bitte Baumann um ein erstes Foto. Und während sie für meine Kamera vor dem alten Logo von GoSilico posiert, erklärt sie mir den Slogan: „Unser Credo lautet ‚Stop experimenting, go Silico‘ – anstelle eines ewigen Trial-and-Error-Prozesses setzen wir auf Computermodelle, die innerhalb von Sekunden Ergebnisse liefern. Simulierte Experimente, für die wir sonst einen ganzen Tag im Labor bräuchten.“

Im oberen Stockwerk, auf dem Dach des Gebäudes, lassen wir uns schließlich mit einer Zitronen-Bionade nieder, wo ich im Sonnenschein mehr erfahre über Baumanns Werdegang, ihre Familie, ihre persönlichen Erfahrungen und auch über Herausforderungen.

In den Büroräumen bei Cytiva, vormals GoSilico. Foto: Katharina Iyen
In den Büroräumen bei Cytiva, vormals GoSilico. Foto: Katharina Iyen

Von der Uni ins Start-up

Als Mitgründerin von GoSilico hat Baumann eine beeindruckende wissenschaftliche und unternehmerische Laufbahn. Aufgewachsen in Weil der Stadt, legte ihr Interesse an Meteorologie und ihr Engagement bei Greenpeace das Fundament für eine vielseitige akademische Reise. Sie absolvierte ihr Diplom-Studium Meteorologie am KIT-Karlsruher Institut für Technologie und schrieb ihre Diplomarbeit in angewandter Mathematik an der Universität Heidelberg. Dort folgte auch ihre Promotion in numerischer Mathematik unmittelbar.

Während ihrer Zeit als Doktorandin kam es durch die Leitung eines Open-Source-Projekts zur Begegnung mit Tobias Hahn, einem ihrer drei Gründer bei GoSilico. Die gemeinsame Erfahrung im Projekt lenkte den Weg der beiden zukünftigen Geschäftspartner in eine gemeinsame Richtung High Performance Computing. Baumann erinnert sich an die lebhaften Diskussionen und die Begeisterung, mit der Hahn von seiner Arbeit an einer Chromatographie-Software für die Biotechnologie berichtete.

Karlsruher Gründungsklima

„Ich fand das Thema immer total spannend. Als eines Tages noch eine dritte Person für die Gründung einer Firma gesucht wurde, überlegte ich fieberhaft, wer das aus meinem Umfeld sein könnte, bis es plötzlich ganz klar war: ich selbst!“ Karlsruhe bot ihr und ihren Mitstreitern bei der Gründung eine förderliche Umgebung: „Ich finde, dass man als Startup in der Karlsruher Gegend sehr viel positive öffentliche Resonanz bekommen hat, aus den ganzen Startup-Wettbewerben konnte man viel Energie mitnehmen.“

Baumanns Weg zur Gründerin ist geprägt von einer starken familiären Unterstützung und dem festen Glauben an strukturiertes Vorgehen, das sie von ihrem Vater lernte. Als Manager von Hewlett Packard ermutigte er sie schon früh, Verantwortung für die Realisierung ihrer Träume zu übernehmen: „Mein Papa insbesondere hat uns ganz früh ermutigt, wirklich Pläne zu machen“.

Teresa Baumann und Katharina Iyen. Foto: Katharina Iyen
Teresa Baumann und Katharina Iyen. Foto: Katharina Iyen

Vision, Plan, Umsetzung

So beispielsweise als sie sich mit zwölf Jahren ein Baumhaus wünschte, dem ein detailliertes Projektvorhaben inklusive Kostenvoranschlag und Planung vorausging. „Ich bin dann jeden Tag mit meinem Fahrrad zum Baumarkt gefahren, hab die Kosten kalkuliert und alles auf DIN A4-Zetteln notiert“ erinnert sich Baumann.

Nachdem sie ihrem Vater schließlich ihre Pläne präsentiere, bauten sie gemeinsam das Baumhaus, das damit nicht nur zum Spielplatz, sondern zu einer wertvollen Lektion wurde: „Man hat eine Vision, jemand glaubt daran und unterstützt dich aktiv, diese Vision wahr zu machen. Das war eine ganz wichtiges Learning für mich.“

Vom Start-up zum Konzern

Die Planung und Umsetzung ihrer Visionen gebe ihr bis heute sehr viel Energie, auch wenn sie dabei auf Herausforderungen stoße, berichtet Baumann. „Ich liebe es, Pläne zu machen und zu wissen, wo der Weg hinführt. Früher konnte ich unabhängig agieren, heute, in einem großen Konzern ist es natürlich eine ganz andere Art der Herausforderung.“ Hinter GoSilico stecken insgesamt drei Gründer*innen: Dr. Tobias Hahn, Dr. Teresa Baumann und Dr. Thiemo Huuk. Das Unternehmen ist mittlerweile Teil des globalen Konzerns Cytiva.

GoSilico spezialisierte sich von Anfang an auf die Entwicklung von Softwarelösungen für die Biotechnologiebranche. Ihre Technologie ermöglicht es, komplexe biotechnologische Experimente virtuell zu simulieren, wodurch der Bedarf an physischen Labortests signifikant reduziert wird. Dies wiederum führt zu einer erheblichen Zeit- und Kostenersparnis in der Forschung und Entwicklung von biopharmazeutischen Produkten. Durch die Integration bei Cytiva hat GoSylico die Möglichkeit, seine Lösungen auf einem breiteren Markt anzubieten.

Teresa Baumanns liebste Workshop-Ergebnisse. Foto: Katharina Iyen
Teresa Baumanns liebste Workshop-Ergebnisse. Foto: Katharina Iyen

Die Zirkusdirektorin

Vorgaben bei der Berufswahl machten ihr die Eltern keine, berichtet die Gründerin. Dass sie das tut, was sie glücklich macht, sei entscheidend gewesen. Kulturwissenschaften oder Maskenbildnerin – um sich bei der Entscheidungsfindung Unterstützung einzuholen, besuchte sie ein 500 Euro teures Wochenendseminar, an dessen Ende herauskam, dass sie Zirkusdirektorin werden solle. Lachend fügt sie hinzu:“ Irgendwie stimmt es ja, ein StartUp zu gründen, das kann auch Züge von einem Zirkus haben.“

Kein Problem für Baumann. „Sich schnell im Dschungel zurechtfinden und sich einen Weg zu bahnen, das kann ich sehr gut – meistens sehe ich sofort einen Weg durch das Dickicht der Herausforderungen“ erklärt sie mir.

Verantwortung abgeben heißt Verantwortung teilen

Schnell Lösungen für scheinbar unlösbare Probleme zu finden, läge ihr sehr. Kein Wunder, das die achtmonatige Verkaufsphase von GoSilico herausfordernd für Baumann war. „Es war eine Zeit intensiver Verhandlungen und sorgfältiger Prüfungen, aber diese Phase war trotzdem richtig cool“, erinnert sie sich.

Diese Erfahrung stelle für Baumann nicht nur ein Höhepunkt dar, sondern auch eine Zeit des Lernens und der persönlichen Entwicklung. Sie musste ihre Rolle erneut definieren und lernen, die Verantwortung innerhalb der neuen Strukturen von Cytiva auch abgeben.

Verantwortung abgeben muss sie auch privat. Die Bilder auf Baumanns Schreibtisch verraten, sie ist nicht nur Unternehmerin, sondern auch Mutter von zwei Kindern. Alles unter einen Hut zu bringen sei allerdings häufig eine Herausforderung: „Es ist schon sehr viel los bei uns, sonntags legen mein Mann und ich unsere Kalender zusammen und schauen, wann wir gemeinsame Zeit haben.“ Ihr Mann und sie erhalten zusätzlich die Unterstützung der Schwiegermutter, welche nicht mehr wegzudenken sei, auch wenn Baumann derzeit zu 100% Remote arbeitet.

Foto: Nasko Flan
Die Autorin der Blog-Serie #DigiWomenKa, Katharina Iyen, studierte Deutsche Literatur und Philosophie in Karlsruhe und Heidelberg sowie Business Management – mit Schwerpunkt Marketing & Medien – in Heilbronn. Sie ist Scheffel-Preisträgerin der Literarischen Gesellschaft am Oberrhein.
Als selbstständige Conceptionerin, Copywriterin und Consultant arbeitet Katharina im Digital Marketing. Katharina ist soziale Aufsteigerin und engagiert sich bei 
Netzwerk Chancen. Ihre Themen sind „Die Macht von Worten und Geschichten“, „neuer Feminismus“ und „Soziale Gerechtigkeit“.
Katharina betreibt für Text & Konzeption die Text-Agentur 
EdiCut in Karlsruhe und ist Teil der Business-Storytelling Agentur Arbeitgeberleben