Matthias Hornberger – #DigitalMindsKA, die Menschen hinter karlsruhe.digital

Die Initiative karlsruhe.digital vereint Karlsruher Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung mit dem Ziel, Karlsruhe als Motor der Digitalisierung voranzutreiben – für Wettbewerbsfähigkeit, Lebensqualität und Souveränität. Sie bündelt Expertenwissen, fördert Vernetzung und bearbeitet Themen ganzheitlich, um die digitale Zukunft der Stadt aktiv zu gestalten.
Und dahinter stehen Menschen. Menschen, die sich engagieren, für etwas brennen und genau deshalb ihre Zeit, ihre Ideen und ihr Fachwissen einsetzen. Wer diese Menschen, die digitalen Köpfe, sind, möchten wir sichtbar machen. Einmal im Monat fragen wir die Digital Minds danach, was sie antreibt und welche Visionen sie haben.
Im elften Teil unserer Reihe #DigitalMindsKA besuchen wir Matthias Hornberger, den Vorstandsvorsitzenden des CyberForums.
Ein Besuch in der Hoepfner-Burg: Wo die Karlsruher Digitalzukunft entsteht
Es ist ein frostiger Wintertag in Karlsruhe, und mit jedem Atemzug zeichnet sich ein feiner Hauch in der kalten Luft ab, während wir die Straßenbahn in Richtung Hoepfner-Burg nehmen. Das markante Gebäude, in dem unter anderem das CyberForum beheimatet ist, ragt eindrucksvoll vor dem klaren, winterlichen Himmel auf.
Kaum angekommen, schließt der Aufzug direkt vor unserer Nase seine Türen. Also nehmen wir stattdessen das lichtdurchflutete Treppenhaus. Durch die hohen Fenster fällt die klare Wintersonne und taucht das historische Backsteinmauerwerk in warmes Licht. Auf dem Weg nach oben entdecken wir immer wieder feine architektonische Details – subtile Spuren der Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Karlsruhe als IT-Standort: Chancen und Herausforderungen
Oben angekommen, erwartet uns Matthias Hornberger bereits in einem gläsernen Meetingraum. Der Vorstandsvorsitzende des CyberForums – seit Jahrzehnten eine prägende Persönlichkeit der Karlsruher Digital-Community – empfängt uns mit einem freundlichen Lächeln und einer heißen Tasse Kaffee.
Für Hornberger ist Karlsruhe vor allem eines: ein Hightech-Standort, von dem alle profitieren. Entspannt zurückgelehnt, die Hände um eine dampfende Tasse Kaffee gelegt, beantwortet er unsere Einstiegsfrage nach seiner ersten Assoziation mit der Stadt. Durch die gläsernen Wände des Meetingraums fällt Winterlicht auf den Tisch, während er einen Moment nachdenkt – ein kurzer Blick aus dem Fenster, dann folgt ein entschlossenes Nicken: „Aber es ist auch eine Stadt, die sich durch ihre Lebensqualität auszeichnet“.
Diese Lebensqualität macht für ihn nicht nur die Stadt selbst aus, sondern auch ihre Umgebung. Die Nähe zum Schwarzwald, Kraichgau, der Pfalz und sogar zur Schweiz bietet ideale Voraussetzungen für ein erfülltes Leben. „Wissen Sie, als ich damals nach Karlsruhe kam, lief gerade eine Umfrage: ‚Wofür ist Karlsruhe bekannt?‘ Mögliche Antworten waren ‚Stadt des Rechts‘, ‚KSC‘ oder das ‚Gasometer am Autobahnkreuz‘.“ Er schmunzelt. „Heute jedoch wird Karlsruhe vor allem als IT-Stadt wahrgenommen – und gleichzeitig als eine Stadt mit hoher Lebensqualität. Für mich ist das ein wunderbarer Kompromiss zwischen urbanem Leben und der Nähe zur Natur.“
Vom Investmentbanking zum Digitalpionier
Daran, dass Karlsruhe heute im Bereich Digitalisierung ganz weit vorne ist, ist Hornberger übrigens nicht ganz unschuldig. Zehn Jahre lang war er im Investmentbanking tätig, bevor er schließlich die Seiten wechselte – und nach Karlsruhe kam. „Damals hat mich web.de angesprochen, ob ich als kaufmännischer Vorstand ihren Börsengang begleiten möchte. Das war eine aufregende Zeit.“ Hornberger schmunzelt. „Allerdings waren die Umstände nicht ganz einfach. Der Börsengang war gerade mal 14 Tage vor dem Zusammenbruch des Neuen Marktes, was dazu führte, dass viele Unternehmen damals ihre Geschäfte einstellen mussten.“
Trotz der Turbulenzen wurde web.de zu einer Erfolgsgeschichte, an der Hornberger entscheidend mitwirkte. „Als ich anfing, waren wir ein winziges Unternehmen mit 30 Mitarbeitenden und 3 Millionen Euro Umsatz. Doch wir hatten das beste Produkt am Markt und sind stetig gewachsen – von 400.000 Free-Usern beim Börsengang auf 10 Millionen im Jahr 2005. Wir gehörten zu den Ersten in Deutschland, die das Freemium-Modell erfolgreich umsetzten.“
Nach seiner Zeit bei web.de folgten neue Herausforderungen. „Seit 2008 bin ich im Bereich Venture-Capital-Finanzierung tätig und habe die verschiedenen Wellen des Internets miterlebt. Dabei haben wir irgendwann angefangen, auch in Biotechnologie zu investieren – eine Branche mit längeren Zyklen und größeren Beträgen.“
Ein Leben zwischen Finanzen und Innovation
Heute ist Hornberger nicht nur Vorstandsvorsitzender des CyberForums, sondern auch Berater, Business Angel und Aufsichtsrat. Dennoch steht das CyberForum im Zentrum seines Engagements. „Das ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, die mir sehr am Herzen liegt. Seit 2006 hat sich das CyberForum von einem Gründernetzwerk zu einem Unternehmernetzwerk gewandelt. Inzwischen geht es darum, Unternehmen in allen Phasen zu unterstützen, sei es durch Förderprojekte, Lobbying oder die Vernetzung mit anderen Akteuren.“
Hornberger wirft einen Blick aus dem Fenster des Meetingraums, bevor er fortfährt. „Als ich nach Karlsruhe gekommen bin, war die große Innovation das Internet – die disruptive Technologie schlechthin, weil sie gemeinfrei war. Früher begannen neue Technologien in der Industrie und fanden ihren Weg irgendwann zum Endkunden. Das Internet hat dieses Paradigma komplett umgekehrt. Auf einmal waren es die Privatkunden, die schneller bei der Sache waren.“
Ein Standort im Wandel – mit starken Köpfen an der Spitze
Mit einem Lächeln erinnert er sich: „Das war möglich, weil die Technologie es erlaubte, halb entwickelte Produkte an den Markt zu bringen – etwas, das vorher undenkbar war. Dann kam das Smartphone, insbesondere das iPhone, das erneut alles verändert hat.“
Hornberger nennt diese Entwicklungen die „Wellen der Innovation“ und verweist auf die nächste große Transformation, die bereits begonnen hat: Künstliche Intelligenz. „Jetzt stehen wir vor dem dritten großen Shift. KI wird unsere Arbeitswelt und unsere Gesellschaft grundlegend verändern. Die spannende Frage ist: Kann Karlsruhe auch in dieser Welle vorne mitspielen?“ Er wirkt nachdenklich. „Über viele Jahre war Karlsruhe der führende IT-Standort in der Region. Doch heute entstehen auch andere Hochburgen, etwa in Heilbronn, und selbst Stuttgart hat erkannt, dass es wichtig ist, bei dieser Technologie vorne mit dabei zu sein. Denn traditionelle Industrien werden nicht für die Arbeitsplätze der Zukunft sorgen.“
Trotz der aufkommenden Konkurrenz sieht Hornberger in Karlsruhe entscheidende Stärken. „Das KIT ist eine extrem starke Universität, insbesondere bei technischen Themen. Was mich antreibt, ist, dass Karlsruhe der attraktivste IT-Standort in Baden-Württemberg bleibt.“
Ort der Zusammenarbeit
Seine Begeisterung für den Standort wird noch deutlicher, als er über die Besonderheiten der Karlsruher Zusammenarbeit spricht. „Hier sind immer alle Akteure beteiligt. Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Kultur arbeiten eng zusammen und treiben Projekte gemeinsam voran. Das ist zwar zuweilen zeitintensiv, aber es führt zu nachhaltigen Ergebnissen.“
Hornberger greift ein konkretes Beispiel heraus: den Smart Production Park. „Das CyberForum hat bei diesem Projekt eine zentrale Rolle gespielt, obwohl wir weder wirtschaftlich noch technisch involviert waren. Dank unserer starken Verbindungen und dem Vertrauen der Partner konnten wir das Projekt auf den Weg bringen. Heute läuft es komplett unabhängig von uns.“
Dieser Ansatz, erklärt er weiter, ist Kern der Philosophie des CyberForums. „Wir agieren immer subsidiär. Unser Ziel ist es, unseren Mitgliedern zu helfen, noch erfolgreicher zu werden, sei es durch Netzwerke, Beratung oder Initiativen wie die Ausbildungsoffensive. Wir machen nichts, was unseren Mitgliedern Konkurrenz machen würde.“
Die digitale Zukunft gestalten
Als unser Gespräch sich dem Ende nähert, wandert unser Blick auf den Notizzettel – ein Punkt bleibt noch offen: Künstliche Intelligenz. Erst am Vortag war die Debatte um ihre Regulierung erneut in den Medien aufgegriffen worden.
Hornberger lehnt sich zurück und geht auf die Meta-Ebene: „Als Land dürfen wir den Anschluss nicht verlieren. Was mich besonders beschäftigt, ist der Eindruck, dass die nächste Generation in ihrem Bestreben nach Work-Life-Balance womöglich an Lebensstandard einbüßen wird.“
Gerade hier sieht er in KI eine große Chance, um diese Entwicklung abzufedern – und bedauert, dass das Thema oft negativ konnotiert wird. „Wir dürfen Innovationen nicht wegregulieren, bevor sie überhaupt entstehen. Sonst machen es die anderen – und wir verlieren.“
Die Bunte Nacht der Digitalisierung: Menschen für Technologie begeistern
Doch genau hier liege die Herausforderung: Solche Themen müssen der Bevölkerung verständlich vermittelt werden. Wie das gelingt? Ein Beispiel ist die Bunte Nacht der Digitalisierung – eine Veranstaltung, die Hornberger als essenziell für den Digitalstandort Karlsruhe sieht. „Wir müssen die Menschen mitnehmen, ihnen zeigen, was wir tun und welchen Nutzen es hat. Nur so schaffen wir ein positives Klima für IT – und sichern gleichzeitig die Fachkräfte von morgen.“
Hornberger beschreibt die Bunte Nacht der Digitalisierung als eine Art Hausmesse für IT-Unternehmen – mit einer besonderen Herausforderung: In einer B2B-orientierten Stadt wie Karlsruhe ist es nicht immer einfach, komplexe Technologien für ein breites Publikum greifbar zu machen.
„Die Produkte werden immer komplexer, und vieles lässt sich nicht so einfach präsentieren, dass es die breite Öffentlichkeit sofort begeistert. Der Endkunde ist oft nur bedingt bereit, in Themen wie Sicherheit zu investieren. Deshalb müssen wir die Veranstaltung stärker auf allgemeines Interesse fokussieren.“
Trotz dieser Hürden bleibt er überzeugt vom Wert solcher Events. „Sie sind ein wichtiger Baustein, um die Stadt und ihre Akteure sichtbar zu machen.“
Karlsruhe in 30 Jahren
Hornberger blickt optimistisch in die Zukunft. „Im besten Fall haben wir unsere Ressourcen und Talente genutzt, um eine KI-Hochburg aufzubauen, die Produkte für den lokalen und den Weltmarkt anbietet. Autonome Mobilität, CO₂-frei, durch technologische Lösungen – das ist meine Vision.“ Doch er bleibt realistisch. „Es gibt natürlich auch das Szenario, in dem wir den Anschluss nicht halten können. Aber ich arbeite hart daran, dass es nicht so kommt.“
Mit diesen Worten endet unser Gespräch. Während wir unsere Notizen zusammenpacken, verabschiedet sich Hornberger bereits zu seinem nächsten Termin. Draußen empfängt uns die kühle Winterluft, und während wir auf dem Heimweg durch die Straßen von Karlsruhe gehen, bleibt ein Gedanke hängen: Karlsruhe verändert sich ständig – doch mit Vordenkern wie Hornberger bleibt es ein digitaler Vorreiter.