CyberChampions 2023: Awwt - Die Plattform, die die Kunstwelt verändert

Jedes Jahr prämiert das CyberLab Karlsruhe, der IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg, mit dem CyberChampions Award die innovativsten IT-Startups, die mit ihrem aussichtsreichen Geschäftsmodell und ihren Persönlichkeiten überzeugen konnten. karlsruhe.digital hat die Sieger*innen 2023 besucht und für unseren Blog porträtiert. Wir starten mit Awwt, Gewinner-Startup der Kategorie Diversity.

Die Fair-Trade-Kunstplattform Awwt bricht mit klassischen Mustern der Kunstszene und stellt die Künstler*innen in den Vordergrund. Wir haben uns mit Runan Dohrmann-Zhang, die die Plattform gemeinsam mit Henning Dohrmann-Zhang gegründet hat, unterhalten.

Die Vision von Awwt ist es, das große Problem in der Kunstwelt anzugehen: die Exklusivität und Zugangsbeschränkung durch traditionelle Galerien. Diese Galerien repräsentieren nur eine kleine Auswahl an Künstler*innen und setzen auf ein bereits etabliertes Netzwerk, um Erfolg zu haben. Runan erläutert: „Es sind wenige agglomerierte Gatekeeper, die uns den globalen Geschmack diktieren. Für aufstrebende Künstler*innen ohne Netzwerk ist es extrem schwierig, diese Barrieren zu durchbrechen.“

Dieses Problem wird besonders deutlich, wenn jemand dann auch noch einer unterrepräsentierten Gruppe angehört und in Regionen mit limitierter Kunst-Infrastruktur lebt. Runan, die in der von weißen Männern dominierten Londoner Kunstwelt tätig war, hat diese Herausforderungen selbst erlebt.

Awwt setzt sich daher für einen Power-Shift zurück zu den Künstler*innen ein, indem es ihnen Verkaufsmöglichkeiten, attraktive Konditionen und dringend benötigte Ressourcen zur Verfügung stellt. Denn genau das fehlt bei vielen bereits existierenden Verkaufsplattformen. Sie bringen den Kunstschaffenden nicht ausreichend Aufmerksamkeit und unterstützen sie nicht beim Aufbau ihrer künstlerischen Existenz.

Awwt: Von der Vision zur Wirklichkeit 

Die Inspiration zur Gründung von Awwt kam den Gründer*innen während einer Überlandfahrt von Deutschland nach Japan. Runan, die für Kunsthändler und das Auktionshaus Christie’s in London gearbeitet hatte, und ihr Mitgründer Henning, ein ehemaliger Ingenieur bei Mercedes-Benz, beschlossen, ihre Leidenschaften für Kunst und Technologie zu vereinen. Henning, der sich laut eigenen Aussagen damals eher für Giant-Rennräder oder Leica-Kameras interessiert und keinen Zugang zur Kunstwelt hatte, fand diesen durch Runan. 

Mit Awwt wollten die beiden etwas schaffen, das sowohl ihrer Generation als auch zukünftigen Generationen gerecht wird. Die Plattform setzt sich von herkömmlichen Galerien durch den Einsatz von state-of-the-art Technologien ab. „Wir nutzen fortschrittliche Algorithmen, um den visuellen Geschmack unserer Nutzer*innen zu erkennen. Dies ermöglicht es uns, das perfekte Kunstwerk ausfindig zu machen,“ erklärt Runan. „Man kann sich das ein bisschen wie Spotify für Kunst vorstellen. Das unterscheidet uns letztendlich auch von vielen anderen Verkaufsplattformen, bei denen es kaum Qualitätskontrollen gibt und einzelne Kunstwerke schlichtweg in der schieren Masse untergehen.“

Runan und Henning Dohrmann-Zhang haben Awwt gegründet.

Awwt kommt in der Kunstszene gut an

Im Hinblick auf die Künstler*innen wählt Awwt einen radikal anderen Ansatz. Die Herausforderungen für Kunstschaffende in traditionellen Galerien sind vielfältig: hohe Kommissionen von bis zu 50 Prozent des Verkaufswerts, die Forderung nach Exklusivität und damit eine Abhängigkeit von der Galerie, die in aller Regel lokal sehr begrenzt arbeitet. Mit all diesen Konventionen bricht Awwt: „Für Künstler*innen bieten wir attraktive Bedingungen. Sie behalten den Großteil des Verkaufserlöses und unterliegen keinen exklusiven Verträgen,“ betont Runan. „Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, indem wir für die Künstler*innen Logistikkosten und Widerrufskosten übernehmen.“ 

All das stößt bei Kunstschaffenden auf eine überwältigend positiv Resonanz. „Wir arbeiten jetzt mit über 60 Künstler*innen zusammen und es werden immer mehr,“ sagt Runan. Die Künstler:innen schätzen die Geduld und Unterstützung von Awwt, insbesondere die regelmäßige und offene Kommunikation sowie die persönlichen Beziehungen, die aufgebaut werden. „Besonders motivierend ist, dass wir bereits Evangelists haben, die uns in ihr Umfeld hineintragen und weiterempfehlen. So konnten einige Kunstschaffende bereits erste Werke verkaufen – und das obwohl wir uns aktuell noch in einer Testphase befinden.“

Daniel Bonaudo-Ewinger (*1986 in Kandel) studierte Freie Kunst / Malerei an der Weissensee Kunsthochschule Berlin und absolvierte 2021 mit dem Meisterschüler-Titel. Bonaudo-Ewinger lebt und arbeitet in der Südpfalz. Foto: Oliver Wolff

„Für mich persönlich ist die Sichtbarkeit und Reichweite im digitalen Raum durch Awwt enorm wertvoll,“ berichtet uns Daniel Bonaudo-Ewinger, ein junger Künstler aus Kandel. Als erster in seiner Familie mit Abitur und Studium, ist er nicht nur Bildungsaufsteiger, sondern muss sich in einer Kunstwelt, in der es vor allem um Beziehungen geht, genau ohne diese etablieren. In seiner Abschlussarbeit zum Meisterschüler der Weißensee Kunsthochschule Berlin hat er sich mit dieser Herausforderung auch auf theoretischer Ebene auseinandergesetzt und mit „Habitus“ eine Arbeit präsentiert, welche sich inhaltlich auf Pierre Bourdieus Konzept der sozialen Herkunft bezieht.

Er betont, wie die spielerische Bedienung der Plattform den Zugang zur Malerei vereinfacht und Kunstliebhaber*innen ein neues Erlebnis bietet. Daniel schätzt besonders die transparente, unkomplizierte Zusammenarbeit mit Awwt, die seine künstlerische Selbständigkeit respektvoll unterstützt. „Die Plattform kann den Kunstmarkt revolutionieren, indem sie Kunst demokratischer und offener machen,“ ergänzt der 37-Jährige.

Awwt will alle Menschen erreichen 

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der zur Philosophie von Awwt gehört, ist die Diversität. Der Gewinn des CyberChampions Award 2023 im Bereich Diversity unterstreicht das. „Den CyberChampions Diversity-Award 2023 verdanken wir unseren Künstler:innen. Wir sind unglaublich stolz darauf, so viele professionelle, in Deutschland ansässige Künstler*innen an Bord zu haben, die aus 15 Ethnien stammen und von denen die Mehrheit weiblich ist oder aus BIPoC-Communities stammt.“

Die Gründer*innen von Awwt nutzen aber auch ihre Erfahrungen aus dem Leben und Arbeiten in verschiedenen Ländern, um sicherzustellen, dass die Plattform nicht nur Menschen in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt anspricht. „Unser Ziel ist es, Kunst einem breiteren Publikum zugänglich zu machen – und nicht nur einer elitären Gruppe,“ erzählt uns Runan. Ihr Ziel sei es Mauern und Grenzen einzureißen. Aus diesem Grund trainieren sie den Awwt zugrundeliegenden Algorithmus mit einem geschlechterdiversen und weitgefächerten demografischen Spektrum von Nutzer*innen aus der ganzen Welt. So stellen sie sicher, dass ihre KI auch tatsächlich die Welt abbildet, in der wir leben, und keinem Bias unterliegt. 

Für die Zukunft hat Awwt große Pläne: „Unsere Mission ist es, das smarteste Kunstkauferlebnis anzubieten und gleichzeitig die besten Künstler:innen in unserem Fair-Trade-Ökosystem zu vereinen,“ sagt Runan. Sie plant, die Plattform zunächst in Deutschland und der EU zu etablieren und dann auf den UK- und chinesischen Markt auszuweiten. Runan beobachtet einen Umbruch in der Kunstwelt, in dem Künstler*innen zunehmend mehr Optionen haben und ist überzeugt, dass Technologie eine Schlüsselrolle in dieser Veränderung spielt.

Fotos: CyberForum / Björn Pados