karlsruhe.digital präsentiert „Minimal Carbon Internet“ beim #digiTALK

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Das Internet ermöglicht freien Zugang zu Wissen, Unterhaltung und weltweiter Kommunikation. Doch die Welt bezahlt dafür einen Preis. Websites, Streaming-Dienste, Social Media und E-Mail brauchen Strom: etwa eine PWh (Petawattstunde) pro Jahr. Das sind 4% des globalen Stromverbrauchs, die etwa 432.594.303 Tonnen Kohlendioxid (CO2) erzeugen. Wäre das Internet ein Staat, so verursachte dieser den drittgrößten CO2-Verbrauch der Welt. Noch fehlt das Bewusstsein für den Zusammenhang von Information und Energie.
Michael Saup, Visionär, Künstler, Musiker, Filmemacher, Professor und Programmierer, stellt am 20. Oktober 2022 beim #digiTALK im TRIANGEL Open Space das Projekt „Minimal Carbon Internet“ vor, eine Kooperation des Arbeitskreises Kultur der Initiative karlsruhe.digital. des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe und der UNESCO City of Media Arts.
Neben Impulsvortrag und anschließender Diskussion, erwartet die Besucher*innen des #digiTALKS eine anschauliche Demonstration des „Minimal Carbon Internet“.

Unterhaltung, Kunst, Information, Kommunikation verlagert sich seit Mitte der 1990er Jahre ins Digitale. Die Pandemie hat diese Entwicklung weiter stark vorangetrieben. Mit Steigerung der Quantität und Qualität erhöht sich aber auch der Energiebedarf. Wäre der gesamte Strom für das Internet rein aus Braunkohle erzeugt, entspräche der Verbrauch einer Braunkohlepyramide mit einer Seitenlänge von 1.422 Metern und einer Höhe von 905 Metern. Das entspricht einer Strecke von der Erde bis zum Mittelpunkt der Sonne.

„Wir wissen, dass das Internet unsere Chance ist, die menschliche Entwicklung zu fördern, eine wertvolle geistige Ressource. Wir verbrennen diese Kohle für einen bestimmten Zweck“, erklärt Michael Saup, der seit 1999 zum Energieverbrauch der digitalen Kultur forscht. Er macht deutlich, dass es nicht darum geht, den Internetkonsum zu dämonisieren. Vielmehr, so Saup, müssten wir sehr genau wissen, „wie wir das alte Gedächtnis des Waldes, das in die Erde eingebettet ist, in das neue Gedächtnis, das in flache Festplatten eingebettet ist, umwandeln“.

Wir verbrennen das fossile Gedächtnis der Welt für das neue digitale Gedächtnis. Solange das passiert, kann keine neue Form terrestrischer Intelligenz entstehen.

– Michael Saup
Michael Saup. Foto: Paul Needham

Auf diese Verbindung von digitaler Informationsverarbeitung und Energie verweist die Arbeit des Medienkünstlers. Sie macht aufmerksam darauf, dass auch unser Verhalten online reale Konsequenzen auf unsere Offline-Welt hat. Und sie zeigt: es geht auch anders!
Zwei Websites, auf den ersten Blick kaum voneinander zu unterscheiden und doch völlig anders: Der Künstler Micheal Saup hat eine Version der Website karlsruhe.digital entwickelt, die bei nahezu identischem Erscheinungsbild und nur leicht eingeschränkter Funktionalität ihren Fußabdruck um 95% reduziert – von 635 MB auf 32 MB.

AVATAR oder der CO2-Fußabdruck eines Filmtrailers und das Internet

Bereits Ende der Nuller Jahre hat Michael Saup, der sehr eng mit dem ZKM | Karlsruhe zusammen arbeiten und Künstler der UNESCO City of Media Arts ist, mit dem Projekt AVATAR diese unfassbaren Mengen veranschaulicht. Die Braunkohle, die benötigt würde um den Strom für alle Aufrufe des Filmtrailers „Avatar“ von James Cameron (2009) auf YouTube zu streamen, wurde in einer Installation gestapelt, die das Original aus dem Online-Videotrailer darstellt. Echte Pionierarbeit leistete Saup damals bei der Berechnung und Visualisierung des Energieverbrauchs digitaler Spuren. Die Grundlage des medienkünstlerischen Projektes, nämlich die Errechnung der Energiemenge, die für die Übertragung dieser Bytes über das Internet benötigt wird basierte auf den Forschungsarbeiten von Jonathan G. Koomey, dem Entdecker des Koomey’s Law. 2009 ging dieser mit seinen Co-Autor*innen der Frage nach, wie sich der Energieverbrauch von Rechenmaschinen in Bezug auf die Prozessorleistung entwickelt hat und zählte damit zu den ersten wissenschaftlichen Studien in diesem Bereich.

„Wäre das Internet ein Land, wäre es der drittgrößte Stromverbraucher der Welt“ erklärt Saup. Durch die Visualisierung dieser unfassbaren Mengen, wird klar, dass „wir noch kein Bewusstsein für den Zusammenhang von Information und Energie entwickelt haben. Das „Minimal Carbon Internet“ bietet hierfür technische Lösungen an“ so Saup.
80% des Stromverbrauchs des Internets entstehen zwar durch das Streamen von Musik und Filmen, aber das Projekt „Minimal Carbon Internet“ des Künstlers zeigt, dass es auch Handlungsoptionen fernab der großen Streamingdienste und Sozialen Netzwerke, gibt: die Minimal Carbon Version von karlsruhe.digital demonstriert das an einem konkreten Beispiel.

Kaum zu unterscheiden, 95% CO2 – Einsparung. Minimal Carbon Site zeigt, wie es gehen könnte. Foto: Michael Saup (erstellt mit der Künstlichen Intelligenz DALL-E)

Die Website vermeidet: Tracking, Werbung, Traffic von Drittanbietern, automatische Wiedergabe von Videos, Video-Hintergründe, veraltete Browser sowie ausgefallene Skripte und Effekte.
Die Website verwendet stattdessen:

  • modernste Bild- und Videoformate,
  • in der Größe angepasste Bilder, Datenkompression,
  • keine Webfonts, nur Browser-Fonts,
  • Kompression von HTML-, Javascript- und CSS-Quelltexten
  • eine grüne, nachhaltige Server-Infrastruktur.

Diese Maßnahmen haben positive noch weitere positiven Nebeneffekte, den die Website wird schneller. Auch das SEO-Ranking steigt. Dadurch wird außerdem Nutzung in Regionen mit geringerer Bandbreite und für Menschen, die sich nur ein geringes Datenvolumen leisten können, deutlich verbessert. Hinzu kommt, dass die Website nicht mehr gehackt werden kann.

Minimal Carbon Internet beim #digiTALK

Wenn es um Digitalisierung und Daten geht, gilt es auch den Blick in eine andere Richtung zu lenken. Denn die großen Veränderungen unserer Zeit, Digitalisierung und Klimawandel, sie sind untrennbar miteinander verbunden. Klar ist: Wir brauchen mehr sozial-ökologisch nachhaltige Entwicklung in allen Lebensbereichen. Und dabei können Daten und Digitalisierung auch helfen oder sogar unerlässlich sein.

Beim #digiTALK am 20. Oktober im TRIANGEL Open Space führen Dr. Heike Brugger, Ulrich Oberhofer, Dr. Hilke Lentink und Professor Michael Saup Digitalisierung und nachhaltige Entwicklung gezielt zusammen. Im Zentrum stehen diese zwei Fragestellungen: Zum einen soll aufgezeigt und diskutiert werden, wo Digitalisierung helfen kann oder gar unerlässlich ist, um Ressourcen zu schonen und den Folgen des Klimawandels entgegen zu treten. Zum anderen begeben wir uns auf die Suche nach Möglichkeiten, wie die digitale Transformation selbst nachhaltiger gestalten werden kann. Anschaulich wird anhand konkreter Praxisbeispiele aufgezeigt, wo digitale Technologien die nachhaltige Entwicklung unterstützen und beschleunigen und wie Methoden und Technologien den Energie- und Ressourcenverbrauch digitaler und digitalisierter Infrastrukturen und Anwendungen reduzieren können.

Zu Gast auf dem Podium ist neben Michael Saup auch Dr. Heike Brugger, Leiterin des Geschäftsfelds Energiepolitik im Competence Center Energiepolitik und Energiemärkte am Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI) mit einem Einführungsvortrag „Duale Transformation: auf dem Weg in eine digitale und nachhaltige Zukunft“. Die Expertin für Design und Evaluierung von energie- und klimapolitischen Instrumenten und Maßnahmen insbesondere im Bereich der Energieeffizienz, der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz sowie für Modellierung der Energieverbrauchsentwicklung in privaten Haushalten (mit Schwerpunkt auf dem Stromverbrauch) beleuchtet beide Aspekte der Digitalisierung als Enabler oder Sorgenkind einer nachhaltigen Zukunft. Sie zeigt auf, welche Weichenstellungen erforderlich sind um die duale Transformation von Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu realisieren.

Ulrich Oberhofer ist Forscher und Promovend am Institut für Automation und angewandte Informatik (IAI) des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in der Forschungsgruppe „Daten-getriebene Analyse komplexer Systeme“ (DRACOS). Ziel der von Dr. Benjamin Schäfer gegründeten Forschungsgruppe ist die Verknüpfung von mathematischer Modellierung, Datenanalyse und maschinellem Lernen zur Erforschung eines nachhaltigen Energiesystems. Er ergänzt das Podium mit seinem Impulsvortrag zum Thema „Datengetriebene Analyse komplexer (Energie-) Systeme für eine nachhaltige Zukunft“.

Hilke Lentink arbeitet auf dem EU-geförderten Projekt CityCLIM im Bereich Klimawandelanpassung beim Umwelt- und Arbeitsschutz der Stadt Karlsruhe. Das Projekt hat zum Ziel eine cloudbasierte Datenplattform zu entwickeln, auf der Bürgerinnen und Bürger und der Stadtverwaltung Wetter- und Klimadienste zur Verfügung stehen. Karlsruhe ist Modellstadt in dem Projekt und nutzt diese Dienste insbesondere mit Blick auf die Anpassung an Hitze in der Stadt.

Mit ihrem Vortrag „Digitalisierung in der Klimawandelanpassung in Karlsruhe – eine Kurzvorstellung des EU-Projekts CityCLIM“ gibt sie einen Einblick in das Projekt, wie es die Klimaanpassung in Karlsruhe unterstützt, wie interessierte Bürgerinnen und Bürger involviert werden können und wie die Digitalisierung für die Klimaanpassung genutzt werden kann.

Im Anschluss an die Impulsvorträge folgt eine Podiumsdiskussion.

Moderiert wird die Veranstaltung von Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion Wissen beim SWR und langjähriger Moderator des #digiTALKs. Das Publikum ist herzlich eingeladen mitdiskutieren.

Weitere Informationen: www.digitalk-karlsruhe.de

Beginn: 19 Uhr; Einlass: 18:30 Uhr. Die Veranstaltung ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Die Veranstaltungsreihe #digiTALK setzt sich mit Themen der digitalen Welt von morgen auseinander und rückt gezielt Diskussion und Austausch in den Mittelpunkt. Die Themen verstehen sich als Karlsruher Beitrag zu aktuellen Debatten einer zunehmend digitalen und vernetzten Gesellschaft. Der digiTALK ist ein Gemeinschaftsprojekt des Wissenschaftsbüros der Stadt Karlsruhe, der Initiative karlsruhe.digital, dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medien und des Nachrichtenportals ka-news.de sowie der Karlshochschule International University.

Titelbild: Michael Saup.