Internationaler Tag der Pressefreiheit: Wichtigkeit digitaler Souveränität

Anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit lohnt sich ein Blick auf die komplexen Zusammenhänge von Fake News, Pressefreiheit und digitaler Souveränität und was Karlsruhe als Digitalstandort beiträgt.

„Neue Krisen und Kriege sowie wiederaufgeflammte Konflikte gefährden die weltweite Pressefreiheit und brachten Journalistinnen und Journalisten seit Anfang 2021 in vielen Ländern der Welt in Gefahr“, berichtet die Organisation Reporter ohne Grenzen.

„Die Corona-Pandemie wurde von der Bundesregierung geplant, bei einer Impfung werden Mikrochips implantiert und eigentlich ist eine Covid-19-Infektion nicht gefährlicher als eine Grippe“. Falschmeldungen wie diese gibt es nicht erst seit der Corona-Krise, aber sie häufen sich. Hauptsächlich verbreiten sie sich in sozialen Medien und sorgen für Verunsicherung in unserer Gesellschaft. Damit gefährden sie nicht nur die individuelle Gesundheit, sondern erzeugen ein falsches Bild der Realität und schüren Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und letztlich den Medien selbst. Doch wer steht in der Verantwortung, etwas dagegen zu tun? Dürfen netzwerkbetreibende Konzerne falsche und irreführende Nachrichten löschen oder werden damit Tür und Tor für entscheidende Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit geöffnet?

Fake News und Querdenken bedrohen Pressefreiheit in Deutschland, nicht nur im Netz

Debatten im Internet sind nach Einschätzung der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (lpb) auch mit ganz konkreten Gefahren für die Pressefreiheit verbunden. Alleine die Deutsche Presseagentur dpa hat während des ersten Jahres der Corona-Pandemie über 500 Faktenchecks veröffentlicht.

Weil die Kommunikation im Internet oft anonym erfolgt, wird in manchen geschlossenen Gruppen gezielt Hass gegenüber Politik und Medien geschürt und die Aggressionen anschließend auf die Straße getragen. Die steigende Zahl der tätlichen Übergriffe auf Journalist*innen bei den Querdenken-Demonstrationen wurden von der Organisation Reporter ohne Grenzen anlässlich des internationalen Tags der Pressefreiheit kritisiert. Deutschland fiel in der internationalen Rangliste um drei Plätze auf Platz 16 zurück. Für diese Entwicklung seien drei Gründe zentral: „eine Gesetzgebung, die Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen gefährdet, abnehmende Medienvielfalt sowie allen voran Gewalt bei Demonstrationen.“

Mit Künstlicher Intelligenz Falschmeldungen in Netz aufspüren

Das Recherchezentrum Correctiv hat es sich zur Aufgabe gemacht, nachhaltig zu einer aufgeklärten Zivilgesellschaft beizutragen und die Debattenkultur der Bürger*innen zu stärken. Beim Kampf gegen Desinformation auf digitalen Plattformen setzt Correcitv nun auch auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Im Kampf gegen Desinformationen arbeiten sie mit Wissenschaftsteams der Ruhr-Universität Bochum sowie der Technischen Universität (TU) Dortmund in dem Projekt „noFake“ zusammen. Mithilfe von Crowdsourcing und KI sollen Falschmeldungen erkannt und widerlegt werden.

Durch die KI können „zeitaufwändige und sich wiederholende Arbeitsschritte“ schneller erledigt und Falschmeldungen im Internet effizienter aufgespürt werden, nennt Correctiv den Grund für das Projekt. Und das ist dringend notwendig, denn nach dem Ende der meisten Schutzmaßnahmen in Deutschland hat die Zahl der Falschmeldungen rund um Covid-19 zwar abgenommen, dafür werden zahlreiche ungeprüfte Meldungen zum Ukraine-Krieg und zum Klimawandel veröffentlicht.

Hybridsystem HoreKa am KIT – voraussichtlich einer der zehn schnellsten Rechner in Europa. Foto: Karlsruher Institut für Technologie

Die Macht der Konzerne einschränken

KI und Digitalisierung sind für den Journalismus allerdings Fluch und Segen zugleich. Zwar können durch KI Hasskommentare und Fake News im Internet ebenso schneller erkannt werden wie Rechtschreib- und Grammatikfehler in Texten. Besonders problematisch ist dabei aber, dass das Löschen dieser den netzwerkbetreibenden Firmen obliegt und diese entscheiden, welche Meldungen als Fake-News einzustufen sind. Überließe man dies den Betreibenden von Facebook und Co., wären sie damit in der Lage zu entscheiden, welche Informationen an die Öffentlichkeit kommen – oder eben nicht. 

Werden faktenbasierte Meldungen wie Börsennachrichten oder Wetterberichte in manchen Medienhäusern dazu noch zunehmend von Computerprogrammen geschrieben, stößt auch der Einsatz dieser neuen Technologien auf Kritik. „Denken können Maschinen aber immer noch nicht“, warnt der Technikjournalist Jan Rähm im Interview mit dem Deutschlandfunk. Denn so könne die zunehmende Digitalisierung der Branche auch für staatliche Propaganda oder die gezielte Verbreitung von zielgerichteten Inhalten durch große Internetanbieter missbraucht werden.

Digitalstandort Karlsruhe setzt auf digitale Souveränität – auch zur Sicherung von Presse- und Meinungsfreiheit

Nach Ansicht der lpb ist der Kampf um die digitale Deutungshoheit in Europa schon längst entbrannt. Um künftig unabhängiger von US-amerikanischen und chinesischen Technologiekonzernen zu werden und damit auch die Pressefreiheit im Internet zu schützen, müssen in Europa autonome Netzwerke zum Schutz vor Cyberkriminalität und Einflussnahme aufgebaut werden.

Die digitale Souveränität genießt auch am Digitalstandort Karlsruhe hohe Priorität. „Vor allem im Konsumentenbereich sind wir zunehmend von Anbietern aus den USA abhängig“, sagt Dirk Fox, Geschäftsführer des Unternehmens Secorvo Security Consulting GmbH. „Und leider haben wir da kaum Kontrollmöglichkeiten“. Dass die Branchenführer wenig Wert auf den Schutz von persönlichen Daten und Eindämmung von Desinformation legten, sei auch durch die Berichte von Whistleblower*innen bekannt geworden. Akzeptieren will Fox den Status quo nicht. Damit sich Menschen künftig sicher und selbstbestimmt in virtuellen Welten bewegen können, wurde unter seinem Vorsitz der Arbeitskreis „Digitale Souveränität“ der Initiative karlsruhe.digital ins Leben gerufen. „Die Verbesserung des Datenschutzes ist eines unserer wichtigsten Anliegen“, betont Fox. „Aber wir wollen die Leute auch bei der Anbieterwahl für die Themen Transparenz und Sicherheit sensibilisieren.“