Karlsruhe als UNESCO City of Media Arts: "Wir wollen Medienkunst im öffentlichen Raum etablieren"

Ein Fahrrad beamt Tanzchoreografien auf Fassaden und in einem Kino wird Radioaktivität sichtbar gemacht: faszinierende Medienkunst in der Stadt gibt es im Frühjahr wieder in Karlsruhe zu erleben. Wir haben uns mit der Karlsruher Kulturamtsleiterin Dominika Szope über anstehende Highlights für das Frühjahr 2022, die enge Verbindung der Stadt mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe sowie Erfahrungen aus den vergangenen drei Jahren und weitere Ziele der Karlsruher Medienkunst unterhalten.

Karlsruhe steht für Vernetzung und Innovationen – besonders im Bereich der Medienkunst, wie die Auszeichnung als UNESCO Creative City of Media Arts 2019 verdeutlichte. Seither prägen die Seasons of Media Arts mit Installationen von regionalen und internationalen Kunstschaffenden das Stadtgebiet. Als ehemalige Leiterin der Abteilung Kommunikation und Marketing des ZKM, Arbeitskreisleiterin für „Kultur und Gesellschaft“ bei karlsruhe.digital und aktuelle Leiterin des Kulturamtes der Stadt Karlsruhe ist Dominika Szope bestens vernetzt und spricht mit uns über Karlsruhe als Stadt der Medienkunst.

Liebe Frau Szope, war die Auszeichnung 2019 zur ersten deutschen UNESCO City of Media Arts für Sie eine Überraschung?

Eigentlich nicht. Die Bewerbung war eine Initiative des Karlsruher Kulturamts, das seinerzeit gezielt auf das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien zuging. Weil das ZKM international, und damit natürlich auch in Deutschland, eine große Rolle im Bereich der Medienkunst  spielt, waren wir fest davon überzeugt, diesen Titel „nach Hause holen“ zu können.  Die Freude über die erfolgreiche Bewerbung war natürlich dennoch sehr groß.

Dominika Szope, Karlsruher Kulturamtsleiterin
Im Interview mit karlsruhe.digital: Dominika Szope, Leiterin des Kulturamtes der Stadt Karlsruhe

Wie wichtig ist der enge Schulterschluss zwischen der Stadt und dem ZKM für die Kulturszene?

Sehr wichtig. Das ZKM genießt vor allem international einen ausgezeichneten Ruf. In Deutschland, und das ist meine Sicht der Dinge, kann sich das ZKM im Vergleich mit anderen Kultureinrichtungen in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt – und dies zeigt sich beispielsweise im Feuilleton – allerdings nur schwer behaupten. Ich nenne mal ein Beispiel: Als das ZKM 30 Jahre alt wurde, hat die New York Times auf einer ganzen Seite über die Institution berichtet. Den überregionalen deutschen Tages- und Wochenzeitungen war dies keine einzige Zeile wert.

Im Frühjahr beginnt eine neue Saison mit Medienkunst in Karlsruhe. Bis zum 15. Juni sind Kunstwerke im öffentlichen Raum der Stadt zu sehen, darunter auch ein Kooperationsprojekt des Karlsruher Künstlers Jonas Denzel mit den Tänzerinnen des Badischen Staatstheaters. Was ist Ihnen besonders wichtig?

Die Sichtbarkeit. Die Arbeiten geben weitere Einblicke in die breite Kunst- und Kulturszene Karlsruhes. Die Aktualität der medienkünstlerischen Auseinandersetzung aufzuzeigen und zugleich die Potentiale künstlerischer Kreation in Karlsruhe sichtbar zu machen – dies sind nur zwei Ziele, die hinter dem Anspruch einer City of Media Arts stecken. Wir wollen Medienkunst im öffentlichen Raum dauerhaft besser etablieren. Die Schlosslichtspiele sind inzwischen mit Karlsruhe stark verbunden und ein starkes Signal nach außen, doch Medienkunst kann noch mehr – und das wollen wir zeigen.

Das Projekt beambike macht mit einem E-Lastenfahrrad auf nachhaltige Art und Weise Kunst im öffentlichen Raum erlebbar. © Jonas Denzel

Wie fällt Ihr Fazit der vergangenen drei Jahre seit der Auszeichnung als UNESCO Ciy of Media Arts aus?

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie befriedigend. Während viele Kultureinrichtungen schließen mussten, konnten wir im öffentlichen Raum spielen. Diese Zugänge – frei von Hemmschwellen –  brauchen wir auch in den kommenden Jahren. So können wir ein Publikum, das noch kein Interesse an Kultur hat, besser abholen. Man bleibt vor den Werken stehen, wundert sich über Effekte, kommt ins Gespräch und in einen Austausch darüber.

Welches Werk ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Auf jeden Fall die Installation von Aram Bartholl mit dem überdimensionalen verspiegelten „Mobiltelefon“ im Schlossgartensee. Das war eine Installation, die viele Menschen angesprochen und ebenso viele Fragen ausgelöst hat. Und genau darum geht es bei Kunst im öffentlichen Raum. Das brauchen wir in der heutigen Zeit noch mehr: die Auseinandersetzung der Menschen mit ihrem Alltag und der Gesellschaft.

Das Werk Obsolete Presence führt Kunst und Alltag zusammen.
© Aram Bartholl, Foto: Elias Siebert

Was bedeuten die Schlosslichtspiele für Kultur in Karlsruhe?

Die Schlosslichtspiele sind seit dem Stadtgeburtstag 2015 ein fester Bestandteil von Karlsruhe geworden. Sie sind ein Ausdruck der Medienkunst. Die Schlosslichtspiele sind ein fester Termin und Treffpunkt für viele Menschen aus Karlsruhe und der Region aber auch von weiter her. Und genau so funktioniert Kunst. Menschen treffen sich und reden darüber.