Wissenschaftsjahr 2020: Karlsruhe und die Bioökonomie
Das Wissenschaftsjahr 2020 widmet sich dem Thema Bioökonomie – und nimmt sich einer globalen Herausforderung an: Der Umstellung der Wirtschaft von fossilen Ressourcen auf eine nachhaltige, biobasierte Wirtschaftsweise. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Karlsruhe gestalten das Jahr aktiv mit.
Der April 2020 war 1,6 Grad wärmer als das Mittel der vergangenen 30 Jahre –und mit rund 17 Liter Regen pro Quadratmeter der dritttrockenste seit Messbeginn. Für den Sommer diesen Jahres prognostizieren Experten eine rekordverdächtige Hitzewelle. Ja, auch in Deutschland ist der Klimawandel inzwischen immer häufiger spürbar.
Die Veränderung des Klimas zählt zusammen mit den immer knapper werdenden Ressourcen und Nutzflächen, der wachsenden Weltbevölkerung und der rückläufigen Artenvielfalt zu den drängendsten Problemen unserer Zeit – und genau diesen nimmt sich das Jahr der Bioökonomie an. Es geht dabei um nicht weniger als die Transformation von einer marktwirtschaftlichen Erdöl-basierten Wirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft, in der fossile Ressourcen durch verschiedene nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Im Dialog mit Wissenschaft und Forschung sind die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, das Wissenschaftsjahr aktiv mitzugestalten. Auch in Karlsruhe.
DHBW Karlsruhe: Biologisch abbaubares Besteck
Ein Plastikstrohhalm für den Cocktail, Plastikbesteck für den Grillabend – bis heute ist das vielerorts gang und gäbe, aber leider in keinster Weise nachhaltig. Dass es auch anders geht, haben nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Studiengangs Papiertechnik der DHBW Karlsruhe gezeigt. In Kooperation mit der TU Darmstadt und der Universität Oulu (Finnland) wurde in den vergangenen Jahren an „All-Cellulose Composites“ (ACC, Cellulose Verbundwerkstoffe) geforscht. Da die Fasern aus Cellulose, also aus pflanzlichen Materialien bestehen, sind diese vollständig recycelbar. Zusammen mit dem ebenfalls entwickelten patentierten Verfahren zur flächigen Imprägnierung von Faserstoffbahnen können so kunststofffreie Verpackungen, Trinkhalme und Besteck entwickelt werden.
Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen und Plastikmüll – ganz im Sinne des Jahres der Bioökonomie.
Mit der Smartphone-App gegen das Schmetterlingssterben
In Deutschland gibt es derzeit rund 3.682 Schmetterlingsarten. Mindestens 60 sind bereits ausgestorben, 494 weitere Arten sind vom Aussterben bedroht. Um dem Schmetterlingssterben entgegenzutreten, sind insbesondere Daten über Artenzahlen, Auftreten und Gefährdungsursachen notwendig.
Aber wie kommt man an diese Daten? Dieser Frage ist das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe gemeinsam mit der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und dem Museum für Tierkunde in Dresden nachgegangen. Herausgekommen ist dabei eine App, mit der jeder von uns im Handumdrehen Schmetterlinge melden kann. Die gesammelten Daten fließen im Kooperationsprojekt „Schmetterlinge Deutschlands“ unter www.lepidoptera.de zusammen und werden dort von Expertinnen und Experten geprüft und ausgewertet.
Unterstützt wurde die Entwicklung der App vom Bundesamt für Naturschutz sowie mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz.
heliopas.ai setzt auf künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft
Die anhaltenden Trocken- und Hitzeperioden stellen insbesondere die Landwirtschaft vor immer neue Herausforderungen. helopas.ai, eines der Startup-Teams im Karlsruher CyberLab, hat sich diesem Problem angenommen und die App Waterfox entwickelt. Mittels künstlicher Intelligenz werden Daten darüber gesammelt und ausgewertet, wie viel Wasser auf welchem Feld im Boden gespeichert ist. Basierend auf diesen Informationen kann der Landwirt gezielter bewässern und feuchtigkeitsbedingte Krankheiten und Trockenschäden vermeiden.
StartUs zählt heliopas.ai bereits heute zu den „5 Top Artificial Intelligence Startups“. Aktuell arbeitet das junge Team daran, den Landwirten die frühzeitige Erkennung von Krankheiten bei Pflanzen sowie die genauere Analyse von Regenmengen durch Satellitendaten zu ermöglichen.
Hochschule Karlsruhe: Nachhaltige Wasserversorgung
Ebenfalls um die Wasserversorgung geht es bei einer App von Studierenden der Hochschule Karlsruhe. Allerdings steht hier nicht nur das Ackerland im Fokus, sondern auch eine Pferdetränke. Genauer gesagt ging es darum, die Versorgung der Tiere sowie die Bewässerung der Reitanlage und der angrenzenden Felder über einen Brunnen sicherzustellen.
Das Problem: Die an den Brunnen angeschlossene Pumpe musste manuell an- und abgeschaltet werden. Dabei bestand unter anderem die Gefahr, dass zu viel Wasser für die Felder verwendet wird und für die Pferde nicht mehr genug übrig bleibt. Gelöst haben die Studierenden der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik das Problem mit einem intelligenten Regelungssystem, das sowohl manuell als auch über eine selbst programmierte Smartphone-App bedient werden kann.
Durch die Projektarbeit ist die Wasserversorgung der Pferde sichergestellt und die Pumpe kann auch nicht mehr trocken laufen.
Colloquium Fundamentale widmet sich der Bioökonomie
Anlässlich des Wissenschaftsjahres 2020 „Bioökonomie“ diskutieren auch im vom KIT Freundeskreis und Fördergesellschaft e.V. geförderten „Colloquium Fundamentale“ Expertinnen und Experten unterschiedlicher Disziplinen kontrovers über eine biobasierte Zukunft. Die vom ZAK | Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale (KIT Karlsruhe) erstellte Vortragsreihe mit anschließender Diskussion wird bis auf weiteres online live gesendet. Einige der Videos sind im Anschluss über den YouTube-Kanal des ZAK abrufbar.