Künstliche Intelligenz im deutschen Mittelstand - Ein echter Game Changer

Der Mittelstand und die KI-Kompetenzlücke
Künstliche Intelligenz (KI) gilt als einer der wichtigsten Treiber für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Doch während große Konzerne bereits umfassend auf KI setzen, zeigt eine aktuelle Studie von Stifterverband und McKinsey, dass viele deutsche Unternehmen das Potenzial der Technologie noch nicht ausschöpfen. Besonders der Mangel an praktischen KI-Kompetenzen stellt eine zentrale Herausforderung dar: 79 Prozent der Unternehmen beklagen fehlendes Know-how in der Belegschaft, und 82 Prozent sehen deutsche Hochschulen nicht ausreichend auf die Vermittlung dieser Fähigkeiten vorbereitet. Dabei könnte eine gezielte Weiterbildung in Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen Unternehmen entscheidend dabei helfen, KI strategisch und effizient zu nutzen.
Doch woran liegt es, dass der Mittelstand bei der KI-Implementierung noch zögert? Welche Lösungsansätze gibt es bereits? Und wie können Initiativen wie das Kompetenzzentrum KARL und das de:hub Netzwerk Unternehmen dabei unterstützen, KI nicht nur als Schlagwort zu verstehen, sondern als wertvolles Werkzeug in ihre Geschäftsprozesse zu integrieren?

Herausforderungen bei der Einführung von KI
Wir haben mit Dennis Richter, unter anderem Projektkoordinator am Kompetenzzentrum KARL und Samira Dahl, Projektmanagerin des de:hub Netzwerk darüber gesprochen, wie ihre Initiativen Unternehmen bei der Implementierung von KI in ihre Arbeitsprozesse unterstützen.
„Viele Unternehmen haben Berührungsängste mit KI. „Häufig hören wir, dass KI nur für große Konzerne mit umfangreichen Datenmengen relevant sei oder dass die Implementierung extrem teuer und komplex wäre“, erklärt Samira Dahl.
Dabei zeigt sich in der Praxis: KI kann auch für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) erhebliche Vorteile bringen, sei es durch vorausschauende Wartung in der Produktion oder automatisierte Kundenkommunikation.
Qualifizierung und Rahmenbedingungen als Schlüssel zum Erfolg
Auch Dennis Richter meint, die Unternehmen wissen entweder nicht, wo sie anfangen sollen, oder „scheuen den Aufwand, weil sie denken, dass sich KI für sie nicht lohnt.“ Er sieht die Verantwortung, allerdings nicht allein bei den Unternehmen, sondern auch in der Politik und bei Bildungseinrichtungen.
Denn, damit KI sich etabliert, muss sie “greifbarer und verständlicher werden.” Bei manchen Betrieben zeigt sich auch die Angst vor der Ersetzbarkeit der Mitarbeitenden. Andererseits bedeutet KI häufig nicht, dass Mitarbeitende obsolet werden, sondern vielmehr, dass sie sich weiterbilden müssen. “
Dazu gehören unter anderem kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und die Fähigkeit, komplexe Daten zu interpretieren. Darüber hinaus wird die Kompetenz, ethische Fragestellungen zu bewerten und die Auswirkungen von KI auf Gesellschaft und Arbeitswelt zu verstehen, immer wichtiger.”
Das lohnt sich, denn, laut Richter, zeigt sich, dass sich die Unternehmen, die den Schritt wagen, letztendlich langfristige Wettbewerbsvorteile sichern.

Wie KARL und de:hub den Mittelstand unterstützen
KARL befindet sich an der Schnittstelle von Bildungseinrichtungen, Politik und den Betrieben. Das BMBF-geförderte Projekt macht es sich zum Ziel, KI-Lösungen mit einem Verbund aus Unternehmen und Forschungseinrichrtungen zu entwickeln – und zu erforschen, sodass die Ergebnisse im Anschluss für Interessierte zugänglich gemacht werden können und die daraus gewonnenen Erkenntnisse über die tatsächlichen Bedarfe aus den Betrieben an die Politik kommuniziert werden können.
Ganz konkret bedeutet das, dass KI-interessierte Unternehmen bei KARL unterschiedliche Formate wie Web-Tools, Handlungsleitfäden und Workshops anbietet, in denen von Kompetenzen bis Infos zu Datenschutz im Kontext von KI, aber auch ethische und soziale Aspekte der KI geteilt werden.
Gerade letztere werden gesellschaftlich viel diskutiert, denn das Tempo, in dem neue KI auf den Markt kommen, ist immens. Richter ist sich sicher, technologische Entwicklungen wie diese “können durchaus polarisierend wirken. Indem verschiedene Perspektiven zusammengebracht werden, kann jedoch ein ausgewogener und fundierter Diskurs entstehen, der die Sorgen und Hoffnungen der Menschen adressiert. Gerade im gesellschaftlichen Diskurs ist es wichtig, den Menschen zu zeigen, dass ihre Meinung zählt und dass sie aktiv an der Gestaltung der Zukunft teilhaben können.”
KI – Ein echter Game Changer für den Mittelstand
Die Herausforderung besteht darin, die Diskussion nicht nur in Fachkreisen zu führen, sondern die Erkenntnisse in unterschiedliche Interessengruppen zu tragen. KARL bietet deshalb verschiedene frei zugängliche Formate wie den politischen Kaminabend mit führenden Politiker:innen aus der Bundespolitik, die Pitch- und Netzwerkveranstaltung KI-Connect 2024 sowie die bevorstehende KI-Connect 2.0 am 15. Mai 2025 an.
Auch de:hub möchte Unternehmen bei der Nutzung von KI unterstützen. Von Workshops, um KI-Kompetenzen aufzubauen über das European Digital Innovation Hub Artificial Intelligence & Cybersecurity (EDIH-AICS) mit Services u.a. im Bereich Test before Invest, in denen, erklärt uns Samira Dahl, Unternehmen erste Erfahrungen mit passenden Anwendungen sammeln können. Darüber hinaus vernetz de:hub Unternehmen mit Start-ups und Forschungseinrichtungen, um den “Technologietransfer zu erleichtern und Projekte zu initiieren. Zudem informieren wir über Förderprogramme und Finanzierungsmöglichkeiten, um Investitionen in KI zu erleichtern und zu beschleunigen.”
Praktische Einsatzmöglichkeiten von KI in Unternehmen
Damit Unternehmen sich noch gezielter einen Überblick über für sie relevante Anwendungen machen können, erarbeitet de:hub derzeit außerdem den “KI-Radar”, der in den nächsten Monaten veröffentlicht werden soll. Er dient, laut Dahl “als strategisches Instrument zur Früherkennung relevanter Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz dienen. Er analysiert neue Technologien, bewertet deren wirtschaftliche Anwendbarkeit und zeigt Unternehmen konkrete Einsatzmöglichkeiten auf. So wollenwir dem Mittelstand helfen, nicht nur auf aktuelle Trends zu reagieren, sondern auch langfristig KI-Potenziale zu nutzen, die für ihre Branche besonders relevant sind.”
Die Anwendungsmöglichkeiten für KI-gestützte Technologien sind vielfältiger als manche vielleicht vermuten würden. Dahl erklärt, dass von Qualitätskontrollen in der Produktion, die “mit Hilfe von Bildverarbeitungstechnologien Defekte in Echtzeit erkennen können” über vorausschauende Wartung von Maschinen durch Sensoren oder “optimierte Routenplanung, die Staus vermeidet und CO₂-Emissionen reduziert” vieles denkbar ist. Von der Energiebranche bis zum Kundenservice, laut Dahl ist KI oft “ein echter Game Changer.” Wer sich über mögliche Einsatzbereiche von KI informieren möchte, kann das im virtuellen KI-Showroom des de:hub tun, wo zahlreiche Use Cases aus verschiedenen Branchen vorgestellt werden.

Ein Blick in die Zukunft
Was noch fehlt, auf dem Weg zu einer bewussteren Nutzung von KI in deutschen Betrieben, ist Unterstützung aus der Politik. „Durch staatliche Zuschüsse, Forschungs- und Entwicklungsprojekte und steuerliche Anreize kann der Mittelstand ermutigt werden, innovative KI-Projekte zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen“, erklärt Dahl. Sie prognostiziert: “In fünf Jahren wird der deutsche Mittelstand KI nicht mehr als Zukunftstechnologie, sondern als selbstverständlichen Bestandteil seiner Wertschöpfungsprozesse sehen.” Bis dahin sorgen de:hub und KARL dafür, dass sich interessierte Unternehmen bei ersten Schritten in Richtung KI gut begleitet fühlen.