HandwerkDigitalKA: craft.ROADSHOW

Bei der Digitalisierung herrscht in vielen Handwerksbetrieben noch Nachholbedarf. Manchmal fehlt die Zeit für die überfällige Modernisierung der internen Kommunikationsstrukturen, manchmal auch die passende IT für die jeweilige Branche. Das hat auch Auswirkungen auf die Nachwuchsgewinnung.
karlsruhe.digital stellt in der losen Serie #HandwerkDigitalKA Vorreiter aus Karlsruhe, die zahlreichen Möglichkeiten für die Vernetzung von analogem Handwerk und digitalen Anwendungen und Karlsruher Initiativen rund um die Digitalisierung im Handwerk vor. Heute mit dem Projekt „craft.ROASDHOW“, die Jugendliche fürs Handwerk begeistern will.

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten kommen. Dieses Sprichwort hat sich die Kreishandwerkerschaft Region Karlsruhe bei Kampf gegen den Fachkräftemangel zu eigen gemacht. Bei der multimedialen craft.ROADSHOW wird an Schulen die Werbetrommel für Handwerksberufe geschlagen. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit der Kreishandwerkerschaft mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Karlsruhe. Die Stadt Karlsruhe hat mit dem sogenannten Leitprojekt „Aktionsprogramm Handwerk“ einen Handlungsrahmen entwickelt, um das lokale Handwerk durch gezielte Maßnahmen und Projekte aktiv zu fördern. Eingebettet ist die Craft.ROADSHOW in das Korridorthema „Wirtschafts- und Wissenschaftsstadt“, das von Erster Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz verantwortet wird.

Die Jugendlichen ernst nehmen und dort erreichen, wo sie ihre Zeit verbringen

Schirmherrin ist die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper. Vor drei Jahren wurde die craft.ROADSHOW aus der Taufe gehoben. „Wir wussten damals, dass es etwas Neues braucht. Wir müssen mit der Zeit gehen und ein Format anbieten, das auch dort ankommt, wo es hingehört“, erklärt Oliver Witzemann, Projektverantwortlicher für das Aktionsprogramm Handwerk bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Karlsruhe. Seit dem Start ging das neue Format trotz Corona-Beschränkungen an zehn Schulen vor über 300 Jugendlichen über die Bühne, im kommenden Jahr soll sie richtig Fahrt aufnehmen. „Die Show wächst mit ihren Aufgaben und wird immer besser“, zieht Andreas Reifsteck, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, ein positives Zwischenfazit.

Den Nachwuchs für das Handwerk begeistern und zwar dort, wo die Jungendlichen ihre Zeit verbringen. Das ist der Ansatz der Craft.ROADSHOW. Foto: Andreas Reifsteck.
Den Nachwuchs für das Handwerk begeistern und zwar dort, wo die Jungendlichen ihre Zeit verbringen. Das ist der Ansatz der Craft.ROADSHOW. Foto: Andreas Reifsteck.

Wichtigster Erfolgsfaktor sind für Reifsteck die vielen Gespräche auf Augenhöhe. Bei der craft.RAODSHOW kommen Auszubildende in die Schulen und stellen ihre Arbeit vor, sämtliche Fragen der Schüler`*innen werden dabei beantwortet. Auch sonst setzt die craft.ROADSHOW bei allen Angeboten auf Niederschwelligkeit und zunehmend auch auf digitale Angebote.

Mit digitalen Angeboten punkten

Die Jugendlichen ernst nehmen und dort abholen, wo sie ihre Zeit verbringen, lautet die Devise. Im Internet wird deshalb ebenso für die Roadshows getrommelt, wichtiger Werbebotschafter ist Malermeister, erfolgreichen Unternehmer, zwölffachen Patenthalter und bundesweit bekannten Comedian Oliver Gimber, der unter dem Schlagwort „Witz vom Olli“ zahlreiche Fans auf sozialen Medien hat. Außerdem bekommen Schülerinnen und Schüler eine direkten Draht zu einem Praktikumsplatz in einem Handwerksbetrieb. Mit „Alisa hilft“ vermittelt Alisa Ehlgötz der Kreishanderwerschaft schnelle und unkompliziert an den passenden Handwerksbetrieb.

Das komplette Angebot ist dabei online ebenso zugänglich, wie bei den Formaten vor Ort. Interessierte können sich eine App herunterladen oder die Inhalte einfach im Browser abrufen. „Das digitale Angebot ergänzt die Roadshow perfekt. Herzstück vor Ort, sind Plakate und Aufsteller mit QR-Codes für das vertiefte Nachlesen oder -schauen“, erklärt Witzemann, „mit dem online Berufe-Check werden diese Inhalte auch rein digital je nach Interesse vorsortiert und zur Verfügung gestellt. Einfach Fragen beantworten und den Traumjob finden“.

Auf dem Weg in die digitale Zukunft

„Wir wollen das Handwerk wieder sichtbarer machen“, nennt Reifsteck einen Grund für das Projekt. In vielen Familien gebe es heutzutage keine Maler, Friseurinnen oder Zimmerleute mehr, deshalb werde am Küchentisch auch nicht mehr über das Handwerk gesprochen. Außerdem wolle man das angestaubte Image aufpolieren und den Jugendlichen zeigen, wie cool eine Ausbildung im Handwerk sein kann. „Digitalisierung ist dabei ein ganz wichtiger Punkt“, betont Reifsteck. Viele jungen Leute wüssten schlichtweg nicht, dass man als Mechatroniker oder Elektriker fast jeden Tag mit Tablets oder am Rechner arbeite.

Die Digitalisierung ist entscheidend, um dem Problem des Nachwuchsmangels entgegen zu wirken. Foto: Andreas Reifsteck.
Digitale Angebote ergänzen die Formate vor Ort. Foto: Andreas Reifsteck.

In Karlsruhe sieht Reifsteck das Handwerk auf einem guten Weg in die digitale Zukunft. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Betriebe geschult, außerdem erhöhe der Fachkräftemangel den Druck auf die Betriebe. „Wenn man nicht genügend Leute hat, muss man effizienter arbeiten“, sagt Reifsteck. „Dann führt kein Weg an der Digitalisierung vorbei.“ Motoren für die Entwicklung sind auch Forschungseinrichtungen wie das Forschungszentrum Informatik (FZI) mit dem House of Living Labs. „Dort werden innovative Konzepte für die Zukunft des Wohnens entwickelt“, so Reifsteck. „Aber das geht nicht ohne Handwerksbetriebe, die diese Konzepte auch zu den Leuten bringen.“

Unter dem Fachkräftemangel haben in Karlsruhe derzeit die meisten Handwerksbetriebe zu leiden. Zufriedenstellende Bewerber*innenzahlen gibt es im Geschäftsbereich der Kreishandwerkerschaft lediglich in der Mechatronik und der Elektrik – auch, weil bei diesen Berufen die Digitalisierung besonders weit fortgeschritten ist. „Es entwickeln sich aber auch neue Berufsfelder in den Bereichen Smart Home, Smart Building, und Energiemanagement“ erläutert Witzemann. So gäbe es beispielsweise einen neuen Ausbildungsberuf mit dem Namen „Elektroniker*in für Gebäudesystemintegration“. Solche Entwicklungen sichtbar zu machen und mitzuhelfen, das verstaubte Image des Handwerks abzulegen, dafür brauche es solche Projekte wie die craft.ROADSHOW.