Starke Karlsruher IT als Krisenanker
Die starke Karlsruher IT-Branche macht sich während der Corona-Krise bezahlt. Weil Digitalisierung im Trend liegt und IT-Unternehmen relativ unbeschadet durch die Pandemie kommen, sind die Gewerbesteuereinnahmen 2020 weniger eingebrochen als in anderen Städten.
„Kommunen mit großen Automotive-Werken und vielen Zulieferern für die Automobilindustrie bekamen deutlich mehr Probleme“, sagt Matthias Hornberger, Vorsitzender des Hightech.Unternehmer.Netzwerks CyberForum. In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Gewerbesteuereinnahmen durch IT-Unternehmen von elf Prozent im Jahr 2007 auf mittlerweile knapp 50 Prozent kontinuierlich angestiegen.
In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies: In Karlsruhe wurde für das Jahr 2020 im Vorfeld mit Gewerbesteuereinnahmen von 325 Millionen Euro gerechnet. Zum Vergleich: 2019 waren es 350 Millionen Euro. Nach dem Lockdown wurde diese Schätzung um 65 Millionen Euro nach unten korrigiert. Aktuell rechnet die Stadtkämmerei für das Jahr 2020 nach vorsichtiger Schätzung mit Gewerbesteuereinnahmen von 265 Millionen Euro. Wenn die Wirtschaft weiter anzieht, könnten es jedoch sogar noch einmal zehn Millionen Euro mehr sein. „Es sieht besser aus als anfangs erwartet“, so die Stadtkämmerei mit Blick auf den städtischen Haushalt.
Digitalisierung wird weiter voranschreiten
Für Hornberger ist die IT-Branche allerdings nicht erst seit dem Beginn der Corona-Pandemie ein wichtiger Krisenanker. „Die Digitalisierung wird nach Corona weiter voranschreiten“, prognostiziert er. Ein Vorteil der Karlsruher IT-Szene sei dabei das „breit gefächerte“ Netzwerk aus mehreren hundert kleineren und mittelständischen Unternehmen. „Dadurch ist Karlsruhe nicht vom Erfolg von wenigen Großunternehmen abhängig“, sagt Hornberger.
Beim Verkehrsdienstleister PTV Group wurden nach Angaben von Pressesprecherin Kristina Stifter während der bisherigen Krise lediglich einige Aufträge nach hinten verschoben. „Die öffentliche Hand ist bei Investitionen doch vorsichtig geworden“, sagt Stifter. Auf der anderen Seite hätten Kommunen nun mehr Zeit, sich mit innovativen Konzepten zur Optimierung auseinanderzusetzen und dadurch könne die Branche über kurz oder lang einen Schub erhalten.
Bei INIT hat die Corona-Krise sogar zu neuen Aufträgen geführt. „Digitalisierung hilft beim Abstand halten. Deshalb waren Lösungen zum bargeldlosen Bezahlen gefragt“, sagt INIT-Pressesprecherin Andrea Mohr-Braun auf Nachfrage von karlsruhe.digital. Das Kerngeschäft sei von der Krise kaum beeinflusst worden. Kurzarbeit mussten weder INIT noch die PTV Group anmelden.
Manche Unternehmen hat die Krise mit voller Wucht erwischt
Als Krisengewinner dürfe man die IT-Branche aber auf keinen Fall betrachten, warnt Hornberger vor allzu großer Euphorie. „Wer Digitallösungen für das Messegeschäft oder die Gastronomie anbietet, den hat die Krise natürlich mit voller Wucht erwischt“, sagt er.
Eines dieser Unternehmen ist die Nesto Software GmbH. Das Karlsruher Startup hat eine Softwarelösung für die bedarfsorientierte Personalplanung in der Systemgastronomie entwickelt. „Als die Restaurants im April schließen mussten, blieben bei uns die Aufträge aus“, sagt Nesto-Gründer Felix Kaiser. Und als die ersten Kunden Insolvenz anmeldeten, fehlten bereits fest einkalkulierte Einnahmen. Mit Kurzarbeit und viel Durchhaltevermögen hat sich Nesto durch den Sommer gehangelt und mittlerweile sieht Kaiser wieder Licht am Ende des Tunnels.