Digitale Schlosslichtspiele im Livestream

Schlosslichtspiele

„Der Abbruch in der Realität wird zum Aufbruch in die Virtualität“- mit diesem Slogan werben die Schlosslichtspiele 2020. Wegen der Corona-Pandemie darf der Schlossvorplatz in diesem Jahr nicht bespielt werden, und deshalb hat das Organisationsteam von der Karlsruher Marketing und Event GmbH und dem ZKM I Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe ein digitales Lichtspielkonzept entworfen.

Vom 5. August bis zum 13. September 2020 werden die Shows live im Internet gestreamt. Gezeigt werden zwei Uraufführungen sowie fünf der beliebtesten Shows aus den Jahren 2015 bis 2019.

Aus über 70.000 Einzelbildern wurde das Schloss digital nachgebaut

Neu im Programm sind die Shows „Attitude Indicator“ von TNL und „Changes“ von Ruestungsschmie.de. Außerdem werden am Premierenabend ab 20.15 Uhr noch das „Defilee zum 100. Geburtstag der Avantgarde“ von DSG animation + vfx aus dem Jahr 2016 sowie „300 Fragments“ des ungarischen Künstlerkollektivs Maxin10sity aus dem Jahr 2015 gezeigt. Für die ersten digitalen Lichtspiele wurden Schloss und Schlossvorplatz aus über 70.000 Einzelbildern virtuell nachgebaut. Dank der detailgetreuen Animation können die Zuschauerinnen und Zuschauer nun verschiedene Positionen auf dem Schlossareal einnehmen und die Lichtspiele aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Bei der dreidimensionalen Modellierung des Schlossplatzes haben sich die Digitalisierungsfachleute um größte Authentizität bemüht und sogar Parkbänke und Abfalleimer eingefügt.

Publikum kann verschiedene Perspektiven einnehmen

Die Gestaltung einer digitalen Kulisse war nach Einschätzung von ZKM-Direktor Peter Weibel die größte Herausforderung bei der Organisation der sechsten Schlosslichtspiele. „Bisher haben nur die Kunstschaffenden monatelang an ihren Projektionen gearbeitet. Dieses Mal mussten auch andere Teammitglieder zusätzliche Programmierarbeit leisten“, so Weibel. Doch der Aufwand habe sich gelohnt, denn die Zuschauerinnen und Zuschauer können die Lichtspiele nun aus einer selbstbestimmten Position – sogar die Vogelperspektive ist möglich – in Augenschein nehmen.

Gemeinschaftserlebnis kann nicht ersetzt werden

Das Gemeinschaftserlebnis der bisherigen Auflagen kann bei der digitalen Ausgabe allerdings nicht erreicht werden. „Teil eines Kollektivs zu sein, ist leider nicht möglich“, betont Weibel. Was sicherlich am meisten fehle, sei die überwältigende Großdimension der Schlossfassade. „So wie eine Postkarte die Größe eines Berges nur ahnen lässt, kann die digitale Edition auf dem Bildschirm nicht das Großereignis ersetzen“, so Weibel.

Schlosslichtspiele
Schlosslichtspiele I Foto: Uli Deck

ZKM-Direktor Peter Weibel hofft auf Millionenpublikum

Trotzdem birgt das neue Format auch Chancen. Bislang waren die Schlosslichtspiele schließlich nur für ein lokales Publikum konzipiert. Während der sechswöchigen Spielzeit strömten jedes Jahr durchschnittlich über 300.000 Zuschauerinnen und Zuschauer aus der ganzen Region vor das Schloss. „Wenn wir Glück haben, erreichen wir durch die Übertragung im Internet ein nicht-lokales Massenpublikum in der ganzen Welt, das über die Bildschirme die Schlosslichtspiele betrachtet. Dann können wir Millionen von Menschen für dieses Projekt begeistern“, sagt Weibel. Ein einmaliges Experiment sollen die virtuellen Schlosslichtspiele deshalb nicht bleiben. Wenn es die Entwicklung der Corona-Pandemie zulässt, sollen die Schlosslichtspiele 2021 als Hybrid konzipiert werden – mit Projektionen auf die Schlossfassade fürs lokale Publikum und Live-Streams ins weltweite Netz.

Lichtspiele waren Geschenk zum 300. Stadtgeburtstag

Die Schlosslichtspiele wurden 2015 anlässlich des 300sten Karlsruher Stadtgeburtstags ins Leben gerufen. Bereits bei der Eröffnungsfeier am 17. Juni 2015 wurde die Projektion „300 Fragments“ des ungarischen Künstlerkollektivs Maxin10citty gezeigt. Das mit zahlreichen visuellen Verweisen auf die Karlsruher Stadtgeschichte gespickte Multimedia-Kunstwerk gehört seither zum festen Bestandteil der Schlosslichtspiele.

Titelbild Schlosslichtspiele I Foto: Uli Deck